Stadtkirche braucht Hilfe
Feuchtigkeit und Holz vertragen sich nicht - das Dach der Stadtkirche in Dillenburg muss weiter aufwendig saniert werden.
Unterhalb des Wilhelmsturms in Dillenburg liegt wohl die derzeit größte Baustelle der EKHN: für 1,9 Millionen Euro muss die Stadtkirche dringend saniert werden. Das Dach der Evangelischen Stadtkirche ist marode.
Hoch über den Dächern von Dillenburg haben Ralf Kästner und Rolf Stude keine Zeit, den Ausblick zu genießen. Nahezu jeder Holzbalken ist betroffen: Morsche Stellen finden die Zimmerleute hier auf dem Dachboden leider überall. Träger für Träger arbeiten sich die beiden Handwerker in Richtung Chorgestühl vor, dem ältesten Teil der Stadtkirche entgegen.
Unter den grünen und blauen Planen, die das Dach ersetzen, schuften sie eifrig an der tragenden Holzkonstruktion. „Wenn die Sonne auf die Planen scheint, wird es hier sehr schnell stickig“, sagt Ralf Kästner, „normalerweise sind wir zu dritt“, sagt Ralf Kästner, „doch heute habe der Kollege bei der Hitze mal Urlaub“.
Die Zimmerleute werden noch eine Weile hier zu tun haben. Die Handwerker aus der Nähe von Weimar arbeiten für den Denkmalbau Ettersburg. Die Firma hat sich auf Dachsanierungen spezialisiert und auch den Auftrag für die Stadtkirche Dillenburg erhalten. Mit alten Gemäuern kennen sich die Zimmerleute aus.
Seit 25 Jahren arbeiten sie in der Denkmalpflege und haben etliche Schlösser und auch Kirchen restauriert. „Überall sind es die gleichen Krankheiten“, sagt Rolf Stude und lacht: „Feuchtigkeit und Holz vertragen sich eben nicht“. Schon von weitem ist die Kirche als Baustelle zu erkennen. Und auch die ersten notwendigen Veränderungen: Der Kirchturm hebt sich mit dem beigen Putz nun von der hohen Festungsmauer ab. Hier ist die Sanierung schon erfolgt. Der helle Putz soll das Natursteinmauerwerk besser vor Wind und Wetter schützen.
Ähnliches ist auch für Teile der Außenfassade geplant, aber erst wenn die Dachdecker das Kirchendach neu mit Naturschiefer eingedeckt haben. Wie wichtig der Schutz der Bruchsteinfassade ist, hat sich weiter oben auf dem Gelände des früheren Schlosses gezeigt, hier sind Teile der Festungsmauer kürzlich eingestürzt. „Viele Touristen aus den Niederlanden, die jetzt in den Sommermonaten nach Dillenburg kommen, sind enttäuscht, dass die Stadtkirche wegen der umfassenden Arbeiten geschlossen ist“, sagt Pfarrer Friedhelm Ackva, „die Kirche ist für sie ein bedeutender Ort“. Allerdings sind die Arbeiten dringend notwendig.
Bei einer Veranstaltung wurde die Gemeinde über den Stand der Arbeiten informiert. „Als viele Gemeindeglieder die Bilder von den maroden Holzträgern gesehen haben, war die Betroffenheit groß“, sagt Ackva, der froh ist, dass die Schäden nun grundlegend saniert werden. Den Gemeindepfarrer zieht es weiter zum darunterliegenden Kirchenschiff. Er geht die Treppe zu den Emporen hinunter vorbei an altem Fachwerk, dessen Holzbalken schwarz und vermodert wirken. „Die Flächen hier unterhalb des Kirchturms waren schlecht verputzt, da konnte auch hier die Feuchtigkeit dem Holz im Mauerwerk zusetzen“, sagt Ackva und geht zu der Stelle, die sonst durch die Einbauten der Orgel verdeckt ist.
Die komplette Orgel wurde abgebaut, die Pfeifen werden seitdem unter Folie im Altarraum gelagert. Ein Holzbalken zieht seine Aufmerksamkeit magisch an. „Der Balken lag bislang unter dem Putz verborgen“, sagt er und zeigt auf die Verzierungen, die wohl aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts stammen. „So wie es hier sichtbar ist, waren wohl damals alle Holzbalken in der Kirche verziert. Man wollte wohl die Unregelmäßigkeiten im Holz durch diese Ausschmückung gleichmäßiger aussehen lassen“, vermutet der Gemeindepfarrer, der sich für die Historie der Stadtkirche sehr interessiert.
Weiter geht es durch den Kirchenraum. Auf dem Baugerüst unterhalb der großen Kirchenfenster stehen die Gemeindeglieder vom Bauausschuss gemeinsam mit Pfarrerin Ulrike Schmidt. Sie diskutieren mit Fachleuten über die Feuchtigkeit im Kirchenschiff. Die Fenster im Kirchenraum sollen dichter werden. Architekt Daniel Hermann ist zuversichtlich, die Feuchtigkeit in den Griff zu bekommen. Es wird überlegt, in Zukunft eine Lüftung in die Kirche einzubauen.
Bis dahin werden noch etliche Spenden benötigt, um die notwendigen Investitionen auch zu stemmen. „Die Stadtkirche soll wieder in frischem Glanz erstrahlen“, sagt Pfarrer Friedhelm Ackva und staunt, wie viele Spender bereits für die Dachsanierung gespendet haben. Der Kirchenvorstand bittet um weitere Spenden für die Baumaßnahme.
» Das Spendenkonto lautet:
Ev. Kirchengemeinde Dillenburg
IBAN: DE 91 5169 0000 0031 461707
BIC: GENODE51DIL
Stichwort: „Stadtkirche Dillenburg“
Die evangelische Stadtkirche Dillenburg ist eine sehr sehenswerte Kirche in der Region. Sie liegt als ein Wahrzeichen der Stadt am Hang des Schlossberges - unterhalb des Wilhelmturms. Der Ursprungsbau der heutigen Stadtkirche wurde vom nassauischen Grafen Johann und den Dillenburger Bürgern gebaut.
Die einst katholische Kirche mit Hochaltar wurde im Zuge der Reformation 1530 zur Evangelischen Stadtkirche und beherbergte auf dem Speicher die Lateinschule. Die Grabkirche der nassauischen Grafen sowie Ahnen des preußischen und des holländischen Königshauses zieht bis heute viele niederländische Gäste an.
Die Kirche besitzt eine beeindruckende Oberlinger Orgel mit 46 Registern.
Einige der Bilder sind auch im Internet zu sehen unter www.dillenburg.ev-dill.de
» Bilder oben:
Besorgter Blick: Pfarrer Friedhelm Ackva (li.) im Gespräch mit Zimmermann Rolf Stude. Seit 2014 ist die Stadtkirche eine Baustelle. Nach dem Kirchturm wird nun das Kirchendach saniert. Unter den Planen werden die tragenden Holzbalken auf Schäden untersucht. Morsche Balken mussten gegen neue Holzteile ausgetauscht werden: Es gibt noch viel zu tun.
Auch im Mauerwerk fanden sich schadhafte Holzbalken. So muss das Holzgebälk im Treppenhaus zu den Emporen erneuert werden, Pfarrer Friedhelm Ackva zeigt, wo der Mörtel Feuchtigkeit durchließ.
Schweres Gerät im Einsatz: Zimmermann Ralf Kästner passt die neuen tragenden Holzteile den alten Balken an.
Verzierungen im Holz sichtbar geworden: dort wo sonst die Orgel steht, sind frühere Holzmuster gefunden worden. FOTOS: Becker-von Wolff
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