Manchmal ist eine Kehrtwendung dran
Wer auf der Autobahn fährt, muss manchmal die Spur wechseln, um weiter zu kommen, sagt Joachim Fritz in seinem "Impuls" ...
Vor gut zwei Wochen auf der Sauerlandlinie bei Lüdenscheid. Es stürmt und schüttet. Tief „Andrea“ lässt grüßen. Ich überhole langsam einen LKW. Die Sicht ist schlecht, es dauert... Dann plötzlich Schnee auf der Überholspur. Das hat gerade noch gefehlt! Wie komme ich jetzt wieder nach rechts?
Ja, der Spurwechsel war schwierig, aber er ist gelungen, Gott sei Dank! Auf der Autobahn sind wir oft zu Spurwechseln gezwungen. Und es ist gut, sie mit der nötigen Umsicht anzugehen.
Und sonst im Leben? Der zurückliegende Jahreswechsel gab sicher manch einen Anlass zur Bilanz: Was kann so bleiben, wie es ist? Was muss sich ändern? Wenn ich es richtig sehe, ist die Trägheit für uns wohl die größere Gefahr: es laufen lassen wie es läuft, auch wenn längst klar ist, dass ich – und vielleicht auch andere – damit nicht glücklich sind. Keiner gesteht sich gerne ein, dass da was schiefläuft im Leben. Und sicher gibt es auch manches, was einfach zu (er)tragen ist.
Trotzdem sind mitunter Kehrtwendungen, Umorientierungen nötig, wenn größeres Unglücklichsein vermieden oder behoben werden soll. Gut, wenn in so einer Situation Menschen da sind, die wohlwollend und einfühlsam begleiten.
Ich denke mit Hochachtung an diejenigen - auch in den kirchlichen Beratungsstellen - die hier professionelle Hilfe anbieten. Zugleich hoffe ich, dass es uns auch in unseren Gemeinden vor Ort gelingt, eine Kultur der Achtsamkeit und der Hilfsbereitschaft aufrecht zu erhalten.
Ganz am Anfang aber muss wohl doch der Entschluss stehen, selbst etwas verändern zu wollen. Ich fand dazu ein für mich ermutigendes Zitat aus den Psalmen: „Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen“ (Psalm 18 Vers 30). Also: nicht nur aus eigener Kraft, sondern „mit meinem Gott“. Das bedeutet, dass ich in keiner Lebenssituation ganz alleine bin; dass ich darauf vertrauen kann, dass mir auch von Gott her die Kraft zuwächst, die ich benötige.
Schwingt darin nicht sogar eine gewisse Leichtigkeit und Heiterkeit mit? Ich meine schon. Hoffentlich bleiben den Autofahrern in den kommenden Tagen gefährliche witterungsbedingte Spurwechsel erspart. Wenn das Leben sie aber nötig macht, dann mögen wir uns durchaus von dem Psalmwort anregen lassen: „Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen“.
Joachim Fritz aus Sinn-Fleisbach ist Evangelischer Schulpfarrer in Limburg
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