Glocken läuten
Den Völkermord an Armeniern aufarbeiten, dazu rufen die Kirchen auf - mit Glockengeläut am Freitag um 17 Uhr wird an den Genozid erinnert.
Wenn am Freitag, 24. April, um 17 Uhr die Glocken läuten, soll das Geläut an die Christen-Verfolgung in der Türkei erinnern. Der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Volker Jung, und der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Martin Hein, haben die evangelischen Gemeinden in einem Schreiben dazu aufgerufen, an den bevorstehenden 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern mit Glockengeläut zu erinnern.
Am 24. April 1915 begann die Verfolgung christlicher Bevölkerungsgruppen in der Türkei. Zwischen 1915 und 1919 wurden nach Schätzungen über eine Million christliche Armenier und fast eine halbe Million assyrischer, chaldäischer und griechisch‐orthodoxer Christen bei Massakern, Vertreibungen und Zwangsumsiedlungen getötet.
Jung und Hein kritisierten in dem Rundbrief an die rund 2000 evangelischen Kirchengemeinden auch den Umgang der heutigen türkischen Regierung mit dem Genozid. Bislang sei eine „offene Diskussion dieses Völkermordes in der Türkei gemäß der türkischen Verfassung verboten“. Das Land habe zwar erste Schritte hin zu einer Aussöhnung mit dem Staat Armenien unternommen. Es fehle bisher aber eine wissenschaftliche Erforschung.
Als positives Beispiel nannten sie die Aufarbeitung der eigenen Geschichte Deutschlands, die gezeigt habe, „dass der kritische Umgang mit der eigenen Vergangenheit eine aus der Schuld vergangener Generationen erwachsene Verantwortung zur Erinnerung an geschehenes Unrecht“ sein könne. Hein und Jung seien überzeugt, dass es „nicht nur für die Opfer wichtig ist, den Völkermord an den Armeniern endlich anzuerkennen, sondern auch für den innertürkischen Demokratisierungsprozess und die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit in der Türkei“.
Die beiden leitenden Geistlichen erinnerten in ihrem Schreiben auch an die Verantwortung Deutschlands für den Völkermord an den Armeniern „weil es als Bündnispartner des Osmanischen Reiches während des Ersten Weltkrieges wissentlich die Ermordung und Vertreibung armenischer Christen in Kauf genommen hat“. Sie begrüßten deshalb das Bekenntnis des Deutschen Bundestages aus dem Jahr 2005 zu Deutschlands Mitschuld und „erwarten von der Bundesregierung, dass sie sich bei ihren Verhandlungen mit der Türkei für eine Anerkennung des Völkermordes an den Armeniern einsetzt und diese zu einer Bedingung für einen EU-Beitritt macht“.
Außerdem baten sie die hessische und die rheinland-pfälzische Landesregierung um die Umsetzung der 2005 vom Bundestag angeregten Maßnahmen zur Aufnahme des Armenier-Genozids in Schulcurricula und Schulbücher. Gerade Jugendliche mit türkischem Hintergrund könnten auf diese Weise einen Einblick in die türkische Geschichte erhalten, der ihren Eltern in der Türkei verwehrt werde.
Schließlich empfahlen Jung und Hein den Gemeinden in beiden Kirchen, sich dem Aufruf der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Deutschland anzuschließen und den Dialog mit armenischen Gemeinden in ihrer Nachbarschaft zu suchen und durch besondere Veranstaltungen an den Völkermord zu erinnern.
Außerdem regten sie an, der Idee der ACK-Kirchen zu folgen und beispielsweise in den Sonntagsgottesdiensten für die Opfer des Völkermordes zu beten und am Freitag, 24. April, um 17 Uhr anlässlich des Beginns der Verfolgung die Glocken zu läuten.
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Wie hier in Sinn werden am Freitag in vielen Kirchen um 17 Uhr die Glocken läuten. Die Evangelische Kirchengemeinde Sinn, so Pfarrer Michael Kohlbacher, beteiligt sich an der Aktion zum 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern.
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