"Der Sozialstaat ist kein Anhängsel der Marktwirtschaft"
Wolfgang Gern, der Vorstandsvorsitzende des Diakonischen Werkes in Hessen-Nassau, hat am Sonntag, 1. Mai, auf dem Herborner Marktplatz eine vielbeachtete Predigt gehalten. Seine Ausführungen bieten wir hier als Download an...
Mehr als zweihundert Menschen, unter ihnen auch Pfarrer Michael Karg, der scheidende Propst für Nord-Nassau, waren am Sonntag (1. Mai) der Einladung zum Gottesdienst auf dem Herborner Marktplatz gefolgt.
Eingeladen hatten die Veranstalter der „Woche der Arbeit“: die christlichen Kirchen, Gewerkschaften und die Sozialverbände. In der bemerkenswerten Predigt, deren Text viele Gottesdienstteilnehmer zum Nachlesen erbeten haben, sprach Pfarrer Dr. Wolfgang Gern, Sprecher der „Nationalen Armutskonferenz“ und Vorstands-vorsitzender des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau (DWHN), über das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg aus dem 20. Kapitel des Matthäusevangeliums.
Wolfgang Gern sprach zunächst von der im engeren Sinne christlichen Botschaft des Gleichnisses, dass Gottes Liebe und Güte allen Menschen in gleicher Weise gilt. Im Weiteren führte er aber aus, dass das Gleichnis uns auch ein Maß für faire und gerechte Bezahlung von Arbeit gibt.
Wörtlich sagte er: „Das Gleichnis Jesu macht aktuellen Ärger. Es stößt uns nicht nur am 1. Mai mit der Nase darauf, dass in unserem Land und weit darüber hinaus etwas nicht stimmt. ... Jedes fünfte Kind lebt in Armut in Deutschland, in Städten wie Bremen oder Offenbach jedes dritte. 41 Prozent der Alleinerziehenden mit Kindern leben in Armut. Über 8 Millionen Menschen arbeiten im Niedriglohnsektor.
Auch die geringer werdenden Arbeitslosenzahlen können nicht darüber hinweg täuschen, dass viele Menschen trotz Arbeit arm sind. Und es ist zu befürchten, dass aus Kindern armer Eltern wieder arme Eltern werden. … Die ungleiche Einkommensverteilung, die fehlende Verteilungsgerechtigkeit in unserem Land ist unübersehbar und wächst. Ja, sie schreit zum Himmel. … Ungleichheit wirkt zersetzend. Sie zersetzt eine Gesellschaft von innen heraus. … Jeder weiß, dass nur mit einem auskömmlichen Einkommen auch unsere Sozialversicherungssysteme lebensfähig bleiben.
Deswegen – ohne gesetzlichen Mindestlohn geht es nicht, wenn es gerecht zugehen soll. Wir dürfen heute am 1. Mai der Öffentlichkeit nicht verschweigen: Wenn uns der gesellschaftliche Zusammenhalt etwas wert ist, dann hat das seinen Preis. Nur ein starker Steuerstaat kann ein starker Sozialstaat sein. Und der Sozialstaat ist kein Anhängsel der Marktwirtschaft, sondern eine kulturelle Errungenschaft. … Vielleicht ist das heute unser Ostern: dass wir aufstehen zu einer Ethik der Geschwisterlichkeit. Dass wir aufwachen, damit gemeinsames Leben gelingt. … Jesu Gleichnisgeschichte rüttelt uns heute auf, damit der Vorschein des kommenden Gottesreiches unter uns spürbar wird. Wo seine Güte, seine Geschwisterlichkeit, sein Ruf zum Lastenausgleich zwischen Starken und Schwachen unser Herz erreicht, da beginnt ein Stück Auferstehung unter uns.“
Die Gottesdienstgemeinde antwortete mit Beifall. Die Liturgie gestalteten Maria Becker, Bezirksreferentin der Katholischen Kirche, und Pfarrer Andree Best von der Evangelischen Kirchengemeinde Herborn.
Hans Peter Wieth (IG Metall) und Pfarrer Bernd Hagen hatten die Gottesdienst-teilnehmer im Namen der Veranstalter begrüßt. Für eine schwung- und niveauvolle musikalische Gestaltung sorgten Moos & friends, die mehrfach spontanen Beifall erhielten. Die Kollekte ging je zur Hälfte an die Aktion „Hoffnung für Osteuropa“ und die WALI (Arbeitsloseninitiative).
» Download:
Die Predigt von Wolfgang Gern zum Nachlesen (PDF-Dokument, 42 KB)
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