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12.05.2014

Fünf vor 12

Rettungspakete für die Pflege packen die Diakoniestationen in Haiger, Herborn-Sinn, Dietzhölztal-Eschenburg und Dillenburg ...

 

Von Ute Jung

 

An einer bundesweiten Aktion der Diakonie in Deutschland haben sich die vier ambulanten Diakonie-Pflegestationen in Haiger, Herborn-Sinn, Dietzhölztal-Eschenburg und Dillenburg am Montagmittag in Haiger beteiligt. Just am internationalen Tag der Pflege haben die Pflegekräfte symbolisch um fünf vor zwölf am Marktplatz Rettungspakete für die Pflege gepackt.

 

„Wir fordern die neue Bundesregierung auf, endlich das Thema Pflege anzupacken und bessere Rahmenbedingungen für Pflegekräfte, Pflegebedürftige und pflegende Angehörige zu schaffen“, sagte Tanja Häuser, Geschäftsführerin der Diakonie-Pflegestationen Haiger, Herborn-Sinn und Dillenburg in Haiger. Der Dillenburger Dekan Roland Jaeckle unterstützt die Forderungen. Er ist Vorstandsvorsitzender der Dillenburger Diakonie-Station.

 

Auf dem Marktplatz trafen sich die Mitarbeiter der vier ambulanten Pflegestationen aus Pflege und Verwaltung und Vorstandsmitglieder, um auch im Namen vieler pflegebedürftigen Menschen und deren Angehörige symbolisch große Rettungspakete aufeinander zu stapeln. Außerdem hatten sie viele Forderungen und Wünsche gesammelt. Auf Postkarten notierten sowohl Pflegekräfte und Mitarbeiter der Verwaltung der Diakoniestationen als auch Patienten ihre jeweiligen Forderungen und Wüsche. In einem Paket werden diese nun an das Bundesgesundheitsministerium in Berlin geschickt.

 

Pflegeberuf ist kräftezehrend

 

Angela Werres, 52 Jahre alt, ist bereits seit ihrem 18. Lebensjahr, in dem sie den Beruf der Krankenschwester erlernte, - nur durch Erziehungszeiten unterbrochen - in der Pflege tätig. Seit 1997 arbeitet sie im ambulanten Pflegedienst, zunächst bei der Diakoniestation in Eibelshausen, ab 2011 in Herborn. „Rückenprobleme sind Standard bei mir“, sagt sie. Doch sie muss noch bis zum 67. Lebensjahr durchhalten, da ihre körperlichen Beschwerden in ihrem Beruf nicht als Berufskrankheit anerkannt werden. Wie sie ihren Beruf mit 67 ausüben soll, kann sie sich gar nicht vorstellen. „Wahrscheinlich sage ich dann zu meinen Klienten: Bitte halten sie mal meinen Stock. Ich halte in der Zwischenzeit Ihren“, sagt sie mit Galgenhumor. Der Pflegeberuf erfahre häufig keine Anerkennung, berichtet sie. „Das bisschen Waschen“ sei oft abfällig zu hören.


Dokumentation hat zugenommen

 

Überbordende von den Krankenkassen geforderte Dokumentationen ließen außerdem immer weniger Zeit für die Versorgung der zu Pflegenden übrig. Schwer zu ertragen sei auch der „Minutenstress“. Denn die Krankenkassen bezahlen häufig nur eine über den Verordnungsschein finanzierte Leistung. „Werden zwei Pflegeleistungen bei einen Patientin gleichzeitig vorgenommen, wird die teurere Leistung von der Krankenkasse einfach gestrichen“, erklären Gundi Haus, Pflegedienstleiterin in Herborn, und Heike Martin, Pflegedienstleiterin in Dillenburg. Beide waren früher in der Pflege tätig.

 

Beide können diesen Beruf wegen Bandscheibenvorfällen nicht mehr ausüben und sind deswegen in die Verwaltung gewechselt. Mittlerweile sei der Pflegenotstand auch in der Region angekommen“, erklärt Haus. Es werde zunehmend schwerer, Nachwuchskräfte zu akquirieren. Die Konkurrenz der privaten Heime, die weder Tarife noch Bestimmungen zum Schutz der Mitarbeiter einzuhalten hätten, schaffe weitere Probleme.

 

Sebastian Hahn (25 Jahre alt) und Natalie Schwarz (27 Jahre alt) arbeiten beide in der ambulanten Pflege in Haiger. Beide lieben ihren Beruf und möchten weiterhin in ihm tätig bleiben. Rückenprobleme kennen die beiden noch nicht. Doch die stetig zunehmende Bürokratie macht auch ihnen zu schaffen: „Es bleibt einfach immer weniger Zeit für die eigentliche Pflege übrig.“ Das mindere die Arbeitszufriedenheit in einem Beruf, der eigentlich ihr Traumjob sei.


Bessere Rahmenbedingungen

 

Wie in Haiger beteiligten sich am Aktionstag Altenpflege der Diakonie bundesweit über 3500 diakonische Anbieter von Altenpflege am Aktionstag. Die zentralen Forderungen der Diakonie an die Politik:

- Eine würdevolle Pflege, die den pflegebedürftigen Menschen in den Mittelpunkt setze. Dazu müsse das Thema Pflege ganz oben auf der politische Tagesordnung stehen. Es müsse auch über die Ernennung eines Pflegebeauftragten nachgedacht werden. Es werde mehr Zeit für die Pflege benötigt und der Aufwand für die Dokumentation müsse sich in Grenzen halten und nicht die dringend notwendige Zeit für die Pflege und Zuwendung beanspruchen.


- Auch die Familien, in denen pflegebedürftige Menschen zu Hause versorgt würden, müsse entlastet werden. Angehörigen, Pflegedienste, Nachbarn, Freunde und freiwillig Engagierte benötigten Unterstützung und Entlastung. Die von der Bundesregierung geplante Zusammenführung des Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetzes, verbunden mit einem Rechtsanspruch, werde daher begrüßt. Dies gelte auch für die Einführung einer Lohnersatzleistung analog zum Kinderkrankengeld, wenn Angehörige kurzfristig freinehmen müssen, um Pflege zu organisieren.


- Der Wert der Pflege müsse sich auch in einer solidarischen Finanzierung zeigen: durch angemessene Löhne für Mitarbeitende sowie gleiche Pflege für alle Menschen unabhängig von der Größe des Geldbeutels. Daher begrüße die Diakonie die geplanten Beitragserhöhungen zur Pflegeversicherung als einen notwendigen Schritt.


- Die Ausbildung in Pflegeberufen müsse attraktiver werden, denn die Zahl der Pflegebedürftigen steige – und somit auch der Bedarf an Fachkräften.Die Diakonie begrüße ausdrücklich das Gesetzesvorhaben zur Verbesserung der Pflegeausbildung. Grundsätzlich positiv bewertet die Diakonie, dass sich die Koalition für Personalmindeststandards im Pflegebereich einsetzen und die Pflegeberufe aufwerten wolle.

 

Zum Hintergrund der Aktion

 

Deutschland wird immer älter - die Fakten: In Deutschland waren im Jahr 2010 gut 4,2 Millionen Menschen 80 Jahre alt und älter. Im Jahr 2050, so schätzen die Experten, werden es über 10 Millionen sein. Zwischen dem 60. und 80. Lebensjahr sind etwa 4,2 Prozent der Menschen in Deutschland pflegebedürftig. Bei den über 80-Jährigen sind es bereits 28,8 Prozent. Während aktuell etwa 2,45 Millionen Deutsche Pflege benötigen, werden es im Jahr 2030 circa 3,2 Millionen und im Jahr 2050 sogar 4,23 Millionen Menschen in Deutschland sein.

 

Mehr als zwei Drittel der Pflegebedürftigen werden zu Hause versorgt (1,76 Millionen). Um die Pflege von 1,18 Millionen sind alleine die Angehörigen bemüht. Bei 576 00 pflegebedürftigen Menschen greifen die Angehörigen auf ambulante Pflegedienste zurück. Pflegende Angehörige kommen im Schnitt auf 38 Stunden häuslicher Pflege und damit auf eine volle Arbeitswoche. 32 Prozent der pflegenden Angehörigen sind selbst älter als 65 Jahre und 73 Prozent sind Frauen.

 

Aktuell arbeiten in der Pflege in Deutschland etwa eine Million Menschen. Es gibt 12 300 ambulante Pflegedienste und etwa 12 400 Pflegeheime.

 

 » Bilder oben: 

Foto 1: Es ist fünf Minuten vor zwölf in der Pflege – Das machte die Aktion der der vier ambulanten Diakonie-Pflegestationen am Haigerer Marktplatz klar.

Foto 2: Auch Dekan Roland Jaeckle, Vorstandsmitglied der Diakonie-Pflegestationen, schrieb eine Postkarte an den Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe, auf welcher er seine Forderungen an die Politik formulierte.


Foto 3 (v.l.): Gundi Haus, Pflegedienstleiterin in Herborn, Angela Werres, in der ambulanten Pflege tätig, und Heike Martin, Pflegedienstleiterin in Dillenburg leiden nach Jahrzehnten, in denen sie einen pflegenden Beruf ausübten, an Rückenproblemen.

FOTOS: UTE JUNG

 

» Weitere Informationen unter

www.diakonie.de/aktionstag-altenpflege.html

 

 

 


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