Himmelsgucker leben gefährlich
Von Hans Guck-in-die-Luft zur Himmelfahrt Christi - es gibt eine Gemeinsamkeit, sagt Michael Zlamal in seinem Impuls zur Zeit...
Kennen Sie die Kindergeschichte aus Heinrich Hoffmanns Struwwelpeter vom Hanns Guck-in-die-Luft? Hanns ist ein Junge wie viele andere. Doch einmal auf dem Schulweg ist der mit seinen Gedanken abwesend: Der Blick hinauf zum Himmel, die Gedanken losgelöst, woanders, aber nicht auf der Erde, nicht in der Realität.
Das geht nicht lange gut: Zunächst rennt er einen Hund über den Haufen, dann landet er mitten in einem See. Männer mit Stangen müssen dem ins Wasser gefallenen „Himmelsgucker“ zur Hilfe kommen und ihn zurück ins Trockene bringen.
Ganz ähnlich wie Hanns ging es wohl auch den Freunden Jesu, die zu Augenzeugen seiner Himmelfahrt werden durften: Ihr Blick ist steif hinauf gen Himmel gerichtet. Ihr Herr ist nach seiner Kreuzigung und Auferstehung nun in den Herrschaftsbereich Gottes zurückgekehrt. Und sie sind zunächst ganz und gar in diesem Moment gefangen: Jesus ist nicht mehr bei ihnen und ihre nach oben gerichteten Blicke zeugen davon, wie schwer es ihnen fällt, gerade jetzt zurück in den Alltag zu gehen.
Boten Gottes müssen eingreifen, um zu verhindern, dass sie sich in der Sehnsucht nach dem Himmlischen verlieren, dass sie zu Weltfremden werden. Und diese ermahnen sie mit folgenden Worten: „Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht zum Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen.“ (Apg. 1, 11)
Gerade jetzt in der Zeit nach Himmelfahrt dürfen wir uns die Worte der himmlischen Boten zu Herzen gehen lassen: Die Kirche Jesu Christi lebt von der Hoffnung, dass Gott die Welt vollendet, in dem der für uns gestorbene und auferweckte Jesus Christus am Ziel der Zeiten ein zweites Mal auf unsere Welt kommen wird, um dort endgültig das bereits an Ostern begonnene Reich Gottes zu vollenden und zu erfüllen. Aber in der Zeit bis zu diesem Ereignis, haben die Anhänger und Anhängerinnen Jesu die Aufgabe, ihre Blicke nicht von der Welt abzuwenden und weltfremd in den Himmel zu starren.
Gottes Reich wächst nicht dort oben, sondern es beginnt dort, wo Menschen im Vertrauen auf den erhöhten Herrn leben und auch bereit sind, durch ihn ihr Leben verändern zu lassen. Unser Herr traut uns zu, für ihn tätig zu sein, Menschen zum Glauben einzuladen und sein Evangelium zu bezeugen. Und genau dabei darf der Blick nicht stur gen Himmel gehen, sondern sollte bei denen sein, die noch nicht entdeckt haben, wie das Vertrauen in Gott das Leben bereichern, verschönern und erhellen kann.
Michael Zlamal ist evangelischer Pfarrvikar in Driedorf.
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