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01.08.2012

Der Blitz als Glücksfall

In Ballersbach wird an ein historisches Ereignis vor 100 Jahren erinnert - mit kulinarischen und musikalischen Genüssen...

 

Eine alte Aufnahme zeigt den Schaden, den der Blitz verursacht hat: Vom Kirchendach bis ins Mauerwerk des Turms ist ein großer Riss auf einem Schwarz-weiß-Foto erkennbar. Dabei hatten die Menschen im Dorf noch großes Glück gehabt. Es war ein „kalter Blitz“: Wie ein Wunder fingen die Kirche und die nah angrenzenden Fachwerkhäuser kein Feuer.

 

Aus heutiger Sicht war der Blitzeinschlag ein Glücksfall. Schließlich war es der Auslöser für den längst fälligen Ausbau der Kirche, bei dem dann noch die mittelalterlichen Fresken im Kirchenraum wieder entdeckt wurden.

 

Die Bewahrung vor größeren Schäden und die Entdeckung der Fresken sind gute Gründe für die Evangelische Kirchengemeinde Ballersbach auch nach 100 Jahren an den Blitzeinschlag zu erinnern: Mit einem fröhlichen Fest und kulinarischen Köstlichkeiten, einer musikalischen Gedenkveranstaltung und einer Foto-Ausstellung mit 100 Exponaten, die der Arbeitskreis „HeimatGeschichte Ballersbach 2006“ zusammengestellt hat.

 

„Der Blitzeinschlag erwies sich als Glücksfall, weil bei der Sanierung der Kirche die kostbaren mittelalterlichen Bilder im Kirchenraum unter dem Putz wieder entdeckt wurden und mit ihnen ein historischer und geistlicher Schatz gehoben wurde, der unsere Kirche bis heute auszeichnet“, sagt Hans G. Peter vom historischen Arbeitskreis. Der Arbeitskreis „HeimatGeschichte“ hat die historischen Daten zur 700jährigen Geschichte der Kirche und zu den Fresken in einer Dokumentation zusammengeführt.

 

Auch die eindrückliche Foto-Ausstellung zum Gedenken an den Blitzeinschlag hat der Arbeitskreis Heimatgeschichte mit viel Liebe und Sorgfalt vorbereitet. Sie wird am Freitag, 10. August, gegen 17 Uhr feierlich eröffnet und ist dann bis zum 19. August im Evangelischen Gemeindehaus (neben der Kirche) zu sehen.

 

Die Bilder der Ausstellung zeigen die Beschädigungen am Kirchturm sehr deutlich: Eine „einfache Reparatur“ war nicht mehr möglich. Deshalb wurde in den folgenden vier Jahren die Kirche komplett saniert und das Gotteshaus wesentlich erweitert. Bei der Erweiterung des Kirchenschiffs stieß man dann völlig unerwartet auf die Fresken, die sich unter dem Putz und unter dem Holz des Gestühls befanden.

 

„Erstaunlich war es schon, dass trotz des Ausbruchs des 1. Weltkrieges 1912 ein solches Bauvorhaben ausgeführt werden konnte, das schon lange geplant und gewünscht war, aber aus Finanzgründen immer wieder verschoben werden musste“, sagt Hans G. Peter. Schwerpunkte der Ausstellung sind der Blitzeinschlag und die Folgen, die Entdeckung der Fresken aus dem 15. Jahrhundert und ihre Renovierung, der aufwendige Neubau der Kirche und schließlich die Einweihung des neuen Kirchenschiffs im Kriegsjahr 1916.

 

Ähnliche Motive wie in der Stadtkirche Haiger -
aber keine Hinweise auf die Künstler


Die ursprünglich im romanischen Stil erbaute Kirche diente vermutlich in unruhigen Zeiten als Wehrkirche. Auch wenn das durch historische Dokumente nicht belegt ist, beeindruckt zumindest der Kirchturm mit seinen wuchtigen Außenmaßen von sechs Metern im Quadrat und seinen bis zu 1,2 Meter dicken Wänden noch heute den Betrachter. Auf alten Bildern und Zeichnungen ist zudem eine Schießscharten-artige Öffnung zu erkennen.

 

Die Geschichte der Kirche reicht 700 Jahre zurück, in alten Urkunden wird das Gotteshaus mehrfach zwischen 1340 und 1353 erwähnt. Die Fresken im Innern sind vermutlich 500 Jahre alt. Über Jahrhunderte waren die mittelalterlichen Wandmalereien unter einer mehrschichtigen Tünche verdeckt. Wahrscheinlich sorgte die Reformation um 1517 und infolge die Zeit des Calvinismus in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts für die Übermalung der Fresken.

 

Ähnlich wie in der Stadtkirche Haiger sorgte die Übertünchung für den jahrhundertelangen Erhalt der Fresken. Die Bildmotive ähneln sehr den Fresken in der Haigerer Stadtkirche, das hat auch Dr. Karl Löber 1973 festgestellt.

 

Allerdings während in Haiger mehrere Künstler tätig waren, soll es in Ballersbach vermutlich nur ein Künstler gewesen sein, der die Wände und Ornamente gestaltete. Wer der Künstler in Ballersbach war oder die Künstler in Haiger waren und ob sie in Beziehung standen, blieb bislang ein Rätsel.

 

Erweiterungsbau schon früher geplant

 

Als die Bevölkerung in Ballersbach anwuchs und der Platz für den sonntäglichen Gottesdienst in der Kirche zu eng wurde, plante die Kirchengemeinde bereits 1882/83 eine Erweiterung der Kirche. Doch die nicht gesicherte Finanzierung ließ die Pläne platzen. Gebaut wurde erst nach dem Blitzeinschlag von 1912.

 

Der Kirchenvorstand übertrug dem Herborner Kirchenbaumeister Ludwig Hofmann den Auftrag, die Kirche baulich zu erweitern. Der Kirchenbaumeister, der u.a. auch die Evangelische Kirche in Sinn und die Dankeskirche in Bad Nauheim erschuf, sorgte für eine Öffnung des Kirchenschiffs nach oben: Mit der Tonnengewölbedecke erhielt die Kirche eine hervorragende Akustik.

 

Mit der Sicherung und späteren Restaurierung der mittelalterlichen Wandbemalung wurde der Kirchenmaler Hermann Velte aus Frankfurt beauftragt. Er kopierte die Motive in Originalgröße, um sie nach dem Umbau der Kirche rekonstruieren zu können. Der damalige Schulmeister Heinrich Schäfer fertigte 1912 Fotografien von den freigelegten Fresken an.

 

Die Schwarz-weiß-Negative auf Glasplatten im Format von 10 mal 15 Zentimetern sind dank des kunsthistorischen Interesses von Otto Schäfer, seinem Sohn, bis heute erhalten geblieben. Die einst schlichte Dorfkirche hat durch den Blitzeinschlag und dem danach erfolgten Um- und Erweiterungsbau eine gelungene Erneuerung erfahren.

 

Seither ist der Kirchenraum mit seinen biblischen Bildmotiven zweimal restauriert worden, 1958 vom Sohn des Kirchenmalers Hermann Velte und 1992 von Vitus Wurmdobler und einem Künstler-Ehepaar aus Siebenbürgen. Mit der letzten Restaurierung erhielten die Fresken die alte um 1916 aufgebrachte Farbigkeit. Die 1958 aufgetragenen Grau-Töne sind seitdem verschwunden.

 

Der Blitzeinschlag vor einhundert Jahren war also ein Glücksfall für die Kirchengemeinde: Pfarrer Detlef Puttkammer, der heutige Gemeindepfarrer in Ballersbach, freut sich über besondere kulinarische Köstlichkeiten, die zum Empfang am Gedenktag den Gästen gereicht werden.

 

Der örtliche Bäcker wird für diesen Anlass ein Blitzbrot kreieren, der Metzger im Dorf bietet eine besondere Blutwurst an. Bei schönem Wetter findet der Empfang ab 17 Uhr vor der Kirche statt. Es werden auch kühle Getränke gereicht.

 

Am gleichen Abend findet ab 19 Uhr eine besondere Gedenkveranstaltung in der Ballersbacher Kirche statt. Der Kirchenmusikdirektor und Kantor Burghardt Zitzmann aus Gladenbach hat das Geschehen vom 10. August 1912 musikalisch verarbeitet und will den Blitzeinschlag eindrücklich „zu Gehör bringen“. Das akustische Vergnügen führt er auf einer elektronischen Orgel (die großartige Effekte ermöglicht) vor. Diese Eigenkomposition beinhaltet vielschichtige Improvisationen zu Themen wie „Im Hause Gottes“, „Hoffnung auf gute Zukunft“ und die „Zusage des Segens“. Eindrucksvoll wird Kantor Zitzmann musikalisch mit seinem Instrument das Gewitter von einst mit Blitz und Donner in die Ballersbacher Kirche holen.

 

Um 21.30 Uhr, exakt zur Zeit des Blitzeinschlages, werden dann die Glocken der Dorfkirche zehn Minuten zum Gedenken läuten.

 

» Die Ausstellung ist außerdem zu folgenden Zeiten geöffnet:

  • Samstag, 11. August, 16 bis 19 Uhr
  • Sonntag, 12. August, 10.30 bis 17 Uhr
  • Mittwoch, 15. August, 17 bis 19 Uhr
  • Freitag, 17. August, 17 bis 19 Uhr und am
  • Samstag, 18. August, 17 bis 19 Uhr

» Unser Tipp: Am Sonntag, 12. August, ist um 11 Uhr eine Führung zu den mittelalterlichen Fresken in der Kirche vorgesehen.

 

Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei.

 

Bilder: 30-Kirche nach Blitzeinschlag1912.jpg // 85-Turm heute mit Wappenfahne.jpg: Der Kirchturm der Ballersbacher Kirche vor einhundert Jahren unmittelbar nach dem Blitzeinschlag und heute geschmückt mit den Fahnen der Evangelischen Kirche und dem Ballersbacher Wappen. 45-Neubau-Planung.jpg: Historischer Bauplan: Der Herborner Kirchenbaumeister Ludwig Hofmann erhielt den Auftrag, die Kirche baulich zu erweitern. Er sorgte für eine Öffnung des Kirchenschiffs nach oben: Mit der Tonnengewölbedecke erhielt die Kirche eine hervorragende Akustik. Repros: Becker-von Wolff Ballersbach002.jpg: Gelungene Erweiterung der Kirche: Hofmann greift 1916 das Fachwerk-Muster der umliegenden Häuser im Dorf auf. Deutlich erkennbar sind die modernen Blitzableiter auf dem Dach. FOTO: Becker-von Wolff IMG_6459.jpg (Querformat) // IMG_6450.jpg (Hochformat): Hans G. Peter (links) zeigt einen Eisenerz-Stein, der bei der Ausgrabung des Fundamentes der ehemaligen Kirche 1912 gefunden wurde. Es wird vermutet, dass der stark eisenhaltige Boden ringsum das Ballersbacher Gotteshaus den Blitzeinschlag begünstig haben könnte. Hermann Rank, Mitglied des Kirchenvorstandes und ebenfalls im geschichtlichen Arbeitskreis aktiv, hält das aber für eine Legende. FOTO: Becker-von Wolff


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