Kirche muss beweglich bleiben
Die Reihe der ökumenischen Vorträge Herborn endete mit einem Gespräch zwischen der evangelischen Pröpstin Annegret Puttkammer und dem katholischen Professor Dr. Werner Löser ...
Herborn (us). Der demografische Wandel und die zunehmende Entkirchlichung machen den Kirchen zu schaffen. Damit und mit den Möglichkeiten, darauf zu reagieren, haben sich die evangelische Pröpstin Annegret Puttkammer und der katholische Professor Dr. Werner Löser am Donnerstag im ökumenischen Gespräch in der Herborner Hohen Schule beschäftigt.
Viele Zuhörer waren im ehemaligen Hörsaal der "Hohen Schule"
Aufbruch und Neuorientierung in der Kirche war das Thema des letzten Gespräch der Vortragsreihe, die der Ökumenische Ausschuss der Katholischen Pfarrgemeinde und der Evangelischen Kirchengemeinde Herborn veranstaltete. Die "Hohe Schule", einst Ausbildungsstätte für reformierte Theologie, bot den würdigen Rahmen. Viele Zuhörer waren im ehemaligen Hörsaal versammelt, der noch ein altes, denkmalgeschütztes Disputationsgestühl enthält.
Freilich gebe es zur Zeit viele Umbrüche, sagte Annegret Puttkammer. Sie seien bedingt durch den demografischen Wandel, die Entvölkerung ländlicher Gebiete und die zunehmende Entkirchlichung und Entchristlichung unserer Gesellschaft. Dies habe Auswirkungen auf die Gewinnung von Mitarbeitern, auf die Finanzen und die Präsenz der Kirche in der Fläche. Doch könne die Kirche Umbruchzeiten auch als Aufbruchzeiten erleben, wenn sie auf Gott vertraue.
Das Wort "Kirche" sei etymologisch verwandt mit dem griechischen Wort für "Herr" ("Kyrie") und dieser Herr lasse nicht zu, dass die Kirche untergeht.
Ökumene ist an der Basis einfacher als auf der Leitungsebene
Aufbrüche gebe es an vielen Stellen. So würden in immer mehr Gemeinden Glaubenskurse angeboten, in denen Menschen die Grundlagen des christlichen Glaubens auf zeitgemäße Weise wieder neu entdecken könnten. Viele Gemeinden versuchten neue Wege, um "Kirchendistanzierte" zu erreichen. Es sei wichtig, beweglich zu bleiben: "Mein Bild von Kirche ist kein Haus, sondern ein Zelt, das immer wieder neu aufgeschlagen wird", sagte Puttkammer.
Werner Löser, Professor für Dogmatik und Ökumenische Theologie und Superior des Jesuitenordens im Ignatiushaus in Frankfurt, erinnerte daran, dass "Kirche" in Gestalt der verschiedenen Konfessionen - Katholisch, Evangelisch, Orthodox, Freikirchen - existiere. Jede Kirche treffe der Umbruch in ganz eigener Weise. Seine Ausführungen zeigten vor allem neuere Entwicklungen im Bereich der Katholischen Kirche auf: neue pastorale Strukturen, Entwicklung von Mittelpunktkirchen als zentrale Orte und kleine Basisgruppen als "Biotope des Glaubens".
Eine große Herausforderung sei auch das Spannungsfeld zwischen Anpassung und Unterscheidung, in dem die Kirche in der modernen Gesellschaft stehe. "Kirche kann erst dann wieder attraktiv werden, wenn ihr Profil erkennbar ist", betonte Löser. Ermutigende Aufbrüche gebe es im Bereich der Ökumene, doch die dort Engagierten erlebten leider auch viele Schwierigkeiten zwischen dem ökumenischen Handeln an der Basis und den noch vorhandenen Beschränkungen seitens der Kirchenleitung.
Im anschließenden offenen Gespräch stellten die Zuhörer viele Fragen. Diskutiert wurde das Verhältnis zwischen Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen, die Überlastung der Priester und Pfarrer durch immer mehr Verwaltungsaufgaben, der Rückzug der Kirche aus der Fläche und warum manche Kirchen - vor allem Freikirchen - gegen den Trend wachsen und andere nicht.
Gegen 21 Uhr schloss Pfarrer Ronald Lommel die Veranstaltung mit Luthers Abendsegen.
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