Anreiz zur Mischkultur
Hans-Hermann Pompe ermutigt Gemeinden zu mehr Kooperationen und Vielfalt statt kirchlicher Monokultur. Pompe war Gast in Herborn.
Gemeinsam lässt sich mehr erreichen, davon ist Pfarrer Hans-Hermann Pompe überzeugt. Zum Pfarrkonvent der Propstei Nord-Nassau sprach er in Herborn vor 80 Pfarrerinnen und Pfarrern über Chancen und Risiken gemeinsamer Regionalentwicklung.
Der Leiter am EKD-Zentrum „Mission in der Region (ZMiR)“ und frühere Vorsitzende der „Missionale Köln“ ermutigte die Pfarrerinnen und Pfarrer über Kooperationen mit anderen Gemeinden in einer Region nachzudenken. Das führe zu einer Bereicherung der Gemeinden. Und: „Wer neue Wege gehen und etwas Neues ausprobieren möchte, darf auch Fehler machen“, sagte Pompe.
Ein Kompliment gab es dann auch: Hans-Hermann Pompe nannte die Evangelischen Dekanate Dillenburg und Herborn als positives Beispiel. Die Dekanate hätten von 2011 bis 2016 über gemeinsame Themen und den Austausch im Rahmen der Zukunftswerkstatt schneller zu einander gefunden als über Finanz- und Strukturfragen, die einer Fusion sonst üblicherweise vorausgehen. Hans-Hermann Pompe war 2010 von beiden Dekanaten angefragt worden, diesen Annäherungs-Prozess zu beraten und zu begleiten.
Kirche darf in der Gestaltungsfreiheit des Evangeliums neue Wege wagen
Längst gibt es weitere gute Erfahrungen mit Kooperationen in der Propstei. Pröpstin Annegret Puttkammer ließ drei Projekte aus Nord-Nassau vorstellen: Im Dekanat Weilburg bieten Gemeinden für Konfirmanden besondere Aktionen gemeinsam an. Warum nicht mit 150 Konfirmanden aus dem Dekanat einen Hochseilgarten besuchen oder zu Beginn der Konfi-Zeit einen gemeinsamen Gottesdienst feiern?
Im Oberen Edertal betreiben sieben Kirchengemeinden für elf Orte gemeinsam ein Gemeindebüro, das zentral in einem Einkaufszentrum liegt und auch die Diakonie-Pflegestation mitbeherbergt.
Auf dem hohen Westerwald haben sich in Freirachdorf und Roßbach die beiden Kirchengemeinden zur Evangelischen Willkommensgemeinde vereinigt – und das völlig freiwillig ohne Einflussnahme seitens der Landeskirche.
Der Schlüssel für gelingende Kooperationen liege in der gelebten Wechselseitigkeit von Gemeinden, sagt Hans-Herman Pompe. Vertrauen auf beiden Seiten sei nötig, um etwas Neues entstehen zu lassen. Was dient den Menschen und der Gemeinde, das sei der Gradmesser. „Der Mehrwert muss erkennbar sein und das kann verlocken, etwas Neues auszuprobieren“, sagt Pompe, der als Pfarrer selbst 17 Jahre lang im Gemeindepfarramt tätig war. Er kenne die Ängste und Vorbehalte in den Gemeindekreisen oder von Pfarrkollegen, wenn es um Veränderungen gehe. „In der Kirche ist der Individualismus hoch und doch biete jede Gemeinde nahezu das Gleiche“, sagt Pompe.
Als Beispiel nannte er die Gottesdienstzeiten am Sonntagvormittag. „Nahezu jede Gemeinde bietet in der Zeit von 9 bis 11 Uhr einen Gottesdienst an, dabei sitzen die meisten Menschen in dieser Zeit am Frühstückstisch“, so Pompe. Er wünsche sich eine Kirche in Vielfalt, die in der Gestaltungsfreiheit des Evangeliums neue Wege wagt, um die Menschen in einer Region neu in den Blick zu nehmen. Also bewusst auch zu anderen Zeiten Gottesdienste für Zielgruppen anbiete.
Region, so Pompe, sei nicht an vorherrschenden Gemeindegrenzen gebunden sondern als Wirkungsraum zu verstehen. Er erläuterte, die Anglikanische Kirche habe mit „Mixed economy“ ein Programm, das einen kirchlichen Mischwald und keine Monokultur fördere. Ähnliches wolle das EKD-Zentrum für Mission in der Region (ZMiR) befördern: Es gäbe aber keine Standard-Vorgaben. Wie eine Vernetzung, Ergänzung, Unterstützung oder Profilierung aussehe, bestimme die jeweilige Region. Die Einrichtung der Evangelischen Kirche in Deutschland ist 2009 im Kontext des Reformprozesses „Kirche der Freiheit“ entstanden.
Schwierig sei es, wenn eine Kirchenleitung die Rahmenbedingungen vorgebe oder mit der finanziellen Ausstattung die Gemeinden zu Reformen dränge. „Etwas zu beenden, fällt Gemeinden am Schwersten“, sagt Pompe. Aber auch in diesen Situationen gebe es Wege, Bewährtes und eigene Traditionen in die Zukunft zu retten. Hans-Hermann Pompe sagte, wichtig sei es, die Menschen an der Basis das Neue gestalten zu lassen und sie darin zu ermutigen.
» Kontakt:
EKD-Zentrum für Mission in der Region (ZMiR)
Olpe 35
44135 Dortmund
Telefon 0231 / 5409-34
Email: info@zmir.de
www.zmir.de
» Bilder oben:
Diskutierte engagiert mit dem Plenum: Für einen „Kirchlichen Mischwald“ statt einer Mono-Kultur warb der langjährige Gemeindepfarrer Hans-Hermann Pompe. Unser Bild zeigt Pfarrer Hans-Hermann Pompe bei der Fragerunde in der Konferenzhalle, die Pröpstin Annegret Puttkammer von der Bühne aus moderierte.
In den Arbeitseinheiten, in denen die Pfarrkollegen miteinander über das Gehörte diskutierten, sprach Pröpstin Annegret Puttkammer mit dem Referenten Hans-Hermann Pompe in der Konferrenzhalle.
FOTOS: BECKER-VON WOLFF
Bilder als Botschafter des Glaubens
Evangelische Bildung bietet Chagall-Ausstellung zur Passions- und Osterzeit in Haiger-Langenaubach an... [mehr]
Die Idee wurde positiv aufgegriffen
Gemeinden beten für Gemeinden in den Dekanaten Dillenburg und Herborn. Die Idee ist aus der Zukunftswerkstatt erwachsen und sorgte nur vereinzelt für Verwunderung. Das freut die Dekane... [mehr]
Viel-saitiges Musikerlebnis in der Stadtkirche
Von Jörg Keller Mit Werken von Wolfgang Amadeus Mozart und Felix Mendelssohn Bartholdy gastierten mit dem Kalbhenn-Quartett vier ausgezeichnete Musiker in der Herborner Stadtkirche. Das Konzert fand im Rahmen der...[mehr]
Noch nicht absehbar, wie viel Hilfe benötigt wird
Evangelische Kirchengemeinden der Region laden ein zu Bittgottesdiensten. Es wird zu Spenden aufgerufen an die "Diakonie-Katastrophenhilfe"... [mehr]
Das kann so nicht gut gehen!
Haben wir Menschen die Naturgewalten im Griff? Wir glauben an die Technik. Die Frage nach Gott wird erst dann gestellt, wenn es zu spät ist, stellt Frank Leissler betroffen fest... [mehr]
Männerabende mit Filmen von Clint Eastwood
Nur für Männer: In Offenbach wird ein Spätwerk von Clint Eastwood gezeigt. Im Anschluss wird sich über das Gesehene ausgetauscht...[mehr]
Brückenbauer zwischen Gemeinden und Generationen
Die Evangelische Jugend im Dekanat und die Zukunftswerkstatt war Thema der Synode Dillenburg. Im Dekanat Dillenburg hat die Frühjahrssynode in Eibelshausen getagt... [mehr]
Martin Lücker spielt Albert-Schweitzer-Konzert
Zu einem ungewöhnlichen Orgelkonzert mit Martin Lücker lädt die Kirchengemeinde Dillenburg am Samstag, 19. März, 20 Uhr, ein. [mehr]
Zukunftswerkstatt ist Doppelpunkt
Über einhundert engagierte Menschen aus 35 Kirchengemeinden haben sich einen Tag lang sehr intensiv mit ihren Visionen und Träumen von Kirche und Gemeinde beschäftigt. Viele bereichernde Ideen und Gedanken sind in dieser...[mehr]
„Wir verlieren uns nicht aus den Augen“
Die Synode im Dekanat Herborn verabschiedete Dekanin Puttkammer / Pröpstin Held dankte Präses Karl-Heinz Ruhs für sein langjähriges ehrenamtliches Engagement... [mehr]
» Noch Fragen...?
Sie suchen Informationen, haben Anregungen?
» per E-Mail hier
Telefon: 0 27 72 / 58 34-200