Die Liebesgeschichte Gottes
Der Propstei-Tag in Herborn widmete sich dem wichtigsten Feiertag der evangelischen Kirche: Der Karfreitag stehe für die Liebesgeschichte Gottes mit uns Menschen...
Etwa 120 Seelsorger haben den Propstei-Tag in Herborn besucht. Karfreitag ist der wichtigste Feiertag der evangelischen Kirche. Aber: Verstehen die Menschen seine Bedeutung in der christlichen Heilslehre heute noch?
Von Klaus Kordesch
Die Pfarrerinnen und Pfarrer haben es gewiss nicht leicht, diesen dem Sterben und Tod Christi gewidmeten „stillen“ Tag zum Thema in einer Gesellschaft zu machen, in der beispielsweise die Forderungen nach Aufheben des Tanzverbots jährlich lauter werden. Unterstützung bei dieser wichtigen Aufgabe erhielten sie am Mittwoch beim Propstei-Tag in Herborn, zu dem rund 120 Seelsorgerinnen und Seelsorger aus den acht Dekanaten der Propstei Nord-Nassau gekommen waren. „Kann man wirklich glauben, was man da predigt?“, fragte Professor Dr. Reiner Knieling nach der Begrüßung und Andacht durch Pfarrerin Annegret Puttkammer, der Pröpstin für Nord-Nassau. Allzu oft habe er davon gehört, dass Christus wegen der Schuld jedes einzelnen Menschen geopfert habe werde müssen, sagte Knieling: „Aber Gott fordert keine Opfer, sondern gibt sich selbst hin, weil er uns gnädig ist!“ Gott stifte Frieden und versöhne die Menschheit, die nichts mit ihm zu tun haben wolle; dabei zwinge er sie nicht, sondern versuche es immer – zuerst mit Abraham, Mose und den Propheten, dann schließlich mit Jesus. „Das Kreuz und die Auferstehung als Liebesgeschichte Gottes verstehen – das ist es, was mir am plausibelsten erscheint“, sagte der Referent vom Geimeindekolleg der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) in Neudietendorf bei Erfurt, der auch an der kirchlichen Hochschule Wuppertal/Bethel unterrichtet.
Gottes Hoffnung sei gewesen, die Menschen hätten auf Jesus hören können, doch sie hätten ihn stattdessen ans Kreuz geschlagen: „Es ist Beweis der Liebe Gottes, dass er nicht den Weltuntergang einleitet“, stellte Knieling fest. Doch Gott lasse sich nicht so einfach „rauswerfen“ aus der Welt, sondern habe Jesus auferweckt. Doch diese Frohe Botschaft stehe auch heute nicht immer im Vordergrund: Viele Kirchenlieder für Karfreitag beispielsweise sprächen von dem Opfer, das gezahlt worden sei, damit Gott gnädig bleibe: „Da brauchen wir dringend neue Lieder“, forderte der Theologe. Dabei dürfe man aber nicht aus dem Blick verlieren, dass für viele Menschen wichtig ist, dass Jesus für sie gestorben sei.
Bei der Karfreitagspredigt gelte es denn auch, unterschiedliche Perspektiven einzunehmen. In der Diskussion sprachen die Seelsorger, die sich vor dem Referat mit ihrer Beziehung zu den Begriffen „Sühnopfer“, „Versöhnung“, „Rechtfertigung“ und „Stellvertretung“ auseinandergesetzt hatten, unter anderem über den Umgang mit den an Opferriten und -symbolen reichen alttestamentarischen Texten. Außerdem wurde auf die Aktualität und Allgegenwärtigkeit des Opfergedankens hingewiesen, denn täglich sterben ungezählte Lebewesen, um anderen als Nahrung in ihrem Wohlstand zu dienen. Im zweiten Teil des Propsteitages stellte Birgit Arndt als Geschäftsführerin des Evangelischen Medienhauses in Frankfurt den Pfarrern und Pfarrvikaren der Propstei die neue Homepage der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) vor, die am 18. März online gehen soll. Das dahinter stehende neue Kommunikationskonzept berücksichtige auch Soziale Netzwerke, kündigte sie an.
Bestandteil sind ebenfalls die zweimal jährlich versendeten Briefe des EKHN-Kirchenpräsidenten Dr. Volker Jung und die sie begleitende Kampagne wie zuletzt im Advent „Weihnachten ist Geburtstag“, erklärte Stephan Krebs als Pressesprecher der EKHN. „Lichtblick Ostern“ sei die nächste überschrieben, die am 18. März mit dem Versand der sogenannten „Impulspost“ beginne und den Begriff „Wiedersehen“ aufgreife. Mit Bannern an Kirchtürmen, Schaukasten-Plakaten und anderen Mitteln wolle man christliche Feiertage öffentlich darstellen, den Karfreitag als „stillen Feiertag“ in Bewusstsein rücken und auch das Thema Tod und Leben in die Diskussion bringen, sagte Stephan Krebs.
Bilder oben:
Jesus ist kein Opfer, das für Gottes Gnade gezahlt werden musste: Professor Dr. Reiner Knieling gab den Seelsorgerinnen und Seelsorgern beim Propstei-Tag Impulse für ihre Karfreitags-Gottesdienste. (Foto: Kordesch)
Der Karfreitag stand im Mittelpunkt beim Propstei-Tag Nord-Nassau, zu dem Pröpstin Annegret Puttkammer rund 120 Pfarrerinnen und Pfarrer aus den acht Dekanaten der Propstei begrüßen konnte. (Foto: Kordesch)
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