Vier Fragen an Eckstein
"Mehr als (m)ein Leben" lauten die Thementage mit Hans-Joachim Eckstein. Was ihm der Dreiklang "Glaube-Liebe-Hoffnung" bedeutet, verrät er im Interview...
Vom 13. bis 16. März finden vier Thementage mit Ihnen in Herborn statt. Sie waren im Herbst vergangenen Jahres schon mal in unserer Region. Wie gefällt es Ihnen bei uns in Mittelhessen? Was nehmen Sie hier wahr bei den Menschen? In unseren Gemeinden?
Da ich selbst an der Lahn und im Bereich der Kirche von Hessen und Nassau groß geworden bin, ist mir Herborn mit seiner reichen kirchlichen und frömmigkeitsgeschichtlichen Geschichte und Gegenwart natürlich gut vertraut. Ich habe mich bei den Menschen und in den Gemeinden hier gleich wieder sehr wohl gefühlt. Einzelne hatte ich schon als Theologiestudent kennengelernt.
Vor allem faszinierte mich jetzt das Zusammenwirken der verschiedenen Gemeinden, Gemeinschaften und Gruppen bei unseren Veranstaltungen und das menschliche Interesse und die Offenheit bei unserem gemeinsamen Fragen nach dem, was heute wirkliches und tragendes „Glück“ sein kann.
Nach „Glück“ steht diesmal der Dreiklang „Glaube, Liebe, Hoffnung“ auf Ihrer Vortragsliste. Was möchten Sie den Menschen hier mit auf den Weg geben?
Mit „Glaube, Liebe und Hoffnung“ werden ja die drei Säulen des christlichen Glaubens benannt. Sie bringen aber nicht nur die Wesensmerkmale der reichen kirchlichen Tradition von Herborn zur Geltung, sondern bezeichnen zugleich, was unsere Gesellschaft insgesamt heute mehr denn je braucht.
Ob als politische Gemeinschaft oder als einzelne Menschen beziehen wir unsere Lebenskraft und Motivation aus Beziehungen, die uns tragen, und aus Lebensperspektiven, die uns durch die Anerkennung und Zuwendung anderer eröffnet werden. Wie wir hier gemeinsam in unserer eigenen Lebensentfaltung und unserer gemeinsamen Lebensgestaltung weiterkommen, das wollen wir in den Herborner Thementagen zusammen herausfinden.
Die Reihe endet mit einem „Fest des Lebens“ – was muss man sich darunter vorstellen?
Für jemanden, der sich Kirchen und christlichem Leben gegenüber eher distanziert empfindet, mögen beide Begriffe in diesem Zusammenhang zunächst etwas überraschend wirken: „Feste feiern“ und „Leben“! In Wahrheit kann man das Grundanliegen des christlichen Glaubens von seinen Anfängen an aber gar nicht treffender beschreiben. Schon Jesus selbst hat mit Menschen vor allem Begegnungen und Gemeinschaft gepflegt, und die junge Kirche feierte ihre Gottesdienste als umfängliche Mahlgemeinschaften und Vorfeiern des kommenden himmlischen Festes. Sie wussten noch, dass es bei einem vertrauensvollen und zuversichtlichen Glauben etwas zu feiern gibt.
Vielleicht sind wir manchmal etwas zu stark auf unsere Arbeit, unser Sorgen, unsere Pflichten und auf uns selbst konzentriert. Wir kümmern uns mehr um unser „Haben“ und „Tun“ als um unser „Sein“ und unsere „Beziehungen“ – aber das gilt für uns moderne Menschen wohl ganz allgemein.
Als Neu-Testamentler wie bewerten Sie den Zustand unserer Gemeinden, unserer evangelischen Kirche?
Ich empfinde es als ein Vorrecht, mich zusammen mit jungen Studierenden täglich und intensiv mit der „Gründungsurkunde“ des christlichen Glaubens beschäftigen zu können. Es wird ja viel über den Zustand und die Entwicklung unserer Gesellschaft und unserer Kirchen geklagt.
Aus dem Neuen Testament lerne ich nicht nur, dass es Schwierigkeiten und Auseinandersetzungen schon immer gab. Vor allem fasziniert mich, mit welcher Zuversicht und welchem Lebensmut die ersten Christen den Herausforderungen begegnet sind. Sie haben ihre Einheit im Glauben an Christus bei aller Verschiedenheit offensichtlich nie aus dem Blick verloren. Die junge Kirche sah ihre „Hochzeit“ nicht wehmütig in der Vergangenheit; sie wusste, dass ihre beste Zeit noch vor ihr lag. Denn – bildlich gesprochen – lebte und lebt die Kirche wie eine „Braut“ auf das Fest ihrer „Hochzeit“ mit ihrem „Bräutigam“, Jesus Christus, noch zu.
Diese neutestamentliche Perspektive, dass das Schönste noch vor uns liegen kann, täte uns allen auch heute wieder gut – womit wir wieder bei der Bedeutung von „Glaube, Liebe und Hoffnung“ wären.
Zur Person: Hans-Joachim Eckstein
Prof. Dr. Hans-Joachim Eckstein (Bild) ist Professor für Neues Testament in Tübingen, Mitglied der württembergischen Synode und der Kammer für Theologie der Evangelischen Kirche in Deutschland. Viele schätzen seine lebendigen Vorträge bei Gemeinde- und Kirchentagen.
Mit seinen Büchern und Liedern lädt er zu einem fröhlichen und befreienden Glauben ein. Er ist ein Theologe „zum Anfassen“, der persönlich und plastisch spricht, Fragen gerne aufnimmt und verständlich und einprägsam für ein Leben mit Christus wirbt. Es laden ein die Dekanate Herborn & Dillenburg gemeinsam mit dem CVJM-Kreisverband Dillkreis.
» Mehr zu Eckstein in unserer Lounge
» Mehr zu den Eckstein-Thementagen hier unter www.eckstein.ev-dill.de
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