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27.02.2018

Unikum der Union

In Dillenburg erinnerte Pfarrer Dr. Reiner Braun an die gescheiterte Einführung eines "Unionbrotes" vor 200 Jahren und wie das Dill-Gebiet auf die "Unionstablette" reagierte ...

 

 

Mit der Nassauer Union vor 200 Jahren wurde das Abendmahl für Lutheraner und Reformierte im Herzogtum Nassau möglich. Ein Novum, einigten sich Lutheraner und Reformierte in Deutschland doch erst 1973 auf eine gegenseitige Anerkennung.

 

Herzog Wilhelm war an einer Zusammenführung der beiden evangelischen Kirchen sehr interessiert. Der reformierte Herzog war mit seiner lutherischen Frau Luise verheiratet. Zum 300. Reformationsjubiläum 1817 sah er die Zeit für eine Vereinigung der beiden Kirchen in seinem Herzogtum gekommen.

 

Um die Einheit der evangelischen Protestanten beim Abendmahl sinnlich erfahrbar zu machen, haben die beiden Superintendenten, der Lutheraner Georg Müller und der Reformierte Friedrich Gieße, das Unionsbrot "kreiert": Allen Gemeinden wurde ein spezieller Hostienausstecher und das "Unionsbrot" auferlegt. Eine auf dem Brot (Reformiert) aufgeklebte Hostie (Lutheraner) sollte die Einheit der Protestanten symbolisieren.

 

Was andere als Innovation feierten, stieß im Dillkreis auf große Ablehnung. Der Generalsuperintendent Jakob Wilhelm Grimm (1752 – 1824) aus Dillenburg wetterte in einem Schreiben an den Herzog, das Weißbrot mit aufgeklebter Hostie sei „unevangelisch“ und gehöre abgeschafft. In seinem Brief beruft er sich auf Reaktionen aus den Gemeinden im Dill-Gebiet: 

 

"Der Bergebersbacher Pfarrer war der einzige im Herzogtum, der sich begeistert zu den neuen Hostien äußerte! Der Ballersbacher schrieb von „List und Betrug“, der Beilsteiner vom „Widerwillen“ der Gemeindeglieder, der Breitscheider von einer Verweigerung der gesamten Gemeinde, bis auf die beiden Schullehrer, in Dillenburg drohten viele, nie wieder zum Abendmahl gehen zu wollen, wenn dieses Brot beibehalten werde; die Eisemröder freuten sich über die schönen runden Formen, lehnten aber auch die angeklebten Oblaten ab; in Fleisbach wünsche man künftig „reines Brod ohne Salbung und Geschmier zu haben, und erklärt jene Verbindung für ekelhaft“.

 

In Hirzenhain sah die Gemeinde „in christlicher Liebe“ über das Abendmahlsbrot hinweg. Nur in Driedorf hat niemand gemerkt, dass das Brot anders war, sonst hätte man auch darüber gemurrt. Blumen stellte man in Beilstein und Dillenburg auf den Altar; entsprechende Vasen wurden teilweise eigens für die Union angeschafft bzw. gestiftet. In Breitscheid hatte man Schilder an die Kirchentüren gehängt; auf einem stand: „Glaube, Liebe, Hoffnung“, auf dem anderen: „Einigkeit“.

 

Über das Läuten während des Vaterunsers beschwerte man sich in Fronhausen (wobei wir bedenken müssen, dass dazu niemand auf einen Knopf gedrückt hat, sondern dass der Küster während des Betens am Glockenseil hat ziehen müssen, was ja schon als Störung empfunden werden konnte, zumal wenn man das vorher nicht gewohnt war). - Grimm zog in seinem Bericht für das Dillgebiet eine Bilanz: „Über die Vereinigung beider Kirchen herrschet durchgängig (einzelne mitleidswürdige Menschen abgerechnet, mit denen man Geduld haben muß, bis sie endlich entweder verständig werden oder mit Tod abgehen) Zufriedenheit beider Teile; darum denn auch das Fest in schönem Frieden von sich gegangen ist.“

 

Auch anderswo im Herzogtum war das Echo auf die Union durchweg positiv, weil man ja ohnehin keinen Unterschied habe feststellen können. Gleichzeitig hoffte man, es werde sich nicht allzuviel verändern. Der Bickener Pfarrer äußerte sogar die Vision, dass zum 400. Reformationsjubiläum eine Vereinigung mit der katholischen Kirche wünschenswert wäre.

 

Der vormals reformierte Generalsuperintendent Friedrich Gieße reiste daraufhin im Auftrag des Herzogs nach Dillenburg, um ihn für das neue Abendmahlsbrot zu gewinnen, vergeblich. Die Regierung nahm daraufhin die Anordnung zurück.

 

Das nassauische Unionsbrot, von Alfred Adam verächtlich als „Unionstabletten“ bezeichnet, blieb ein nassauisches Unicum. Das Unionsbrot hat es nur in Nassau und nur am 31. Oktober 1817 gegeben – ein Generalreskript der Landesregierung bezeichnete das Unionsbrot „als etwas ganz Außergewöhnliches“, also eine „liturgische Eintagsfliege“. Man suche die Gemeinschaft mit anderen Unierten und reiche daher wie diese nur noch Brot.

 

Die „Stanzmaschinen“ allerdings haben sich zur Bereitung des Brotes bewährt, teilweise bis heute. Es spricht allerdings für den Unionsgeist in Nassau, dass dieser liturgische Ausrutscher die Einheit von Lutheranern und Reformierten in keinster Weise gefährdete. „Die Vereinigung der Kirchen ist als ein sehr vernünftiges und christliches Werk begrüßt worden“.

 

Hintergrund

 

Am 11. August 1817 unterzeichnet Herzog Wilhelm das Edikt. "Es sind zwei in unserem Herzogtum mit völlig gleichen verfassungsmäßigen Rechten bisher rezipierte protestantische Landeskirchen zu einer einzigen vereinigt, welche den Namen der Evangelisch-christlichen führt", steht im ersten Paragrafen der Urkunde.

 

Alle Pfarreien blieben zunächst unverändert erhalten, auch die beiden Superintendenten, der Lutheraner Georg Müller und der Reformierte Friedrich Gieße, blieben im Amt. Nach Gießes Tod 1827 wird Müller der erste, der in Deutschland den Titel "Landesbischof" trägt.

 

Vor 60 interessierten Zuhörern referierte Dr. Reiner Braun sehr lebendig von den Ereignissen. Die Gäste konnten das Brot kosten und waren sich einig, dass dies keine gute Lösung zur Überwindung der Unterschiede beim Abendmahl war. Die Einheit vollzog sich auch ohne dieses besondere Brot. Das Jubiläum 200 Jahre Nassauer Union sei im Jubiläumsjahr 500 Jahre Reformation etwas untergegangen, sagte Erhard Ossner vom Geschichtsverein Dillenburg, dennoch habe es große Bedeutung gerade für die Region.

 

Erhard Ossner dankte Dr. Rainer Braun für das „Heimspiel“. Braun stammt gebürtig aus Ewersbach, hat in Dillenburg die Schule besucht und hier auch das Abitur gemacht. Seit 2002 ist er Pfarrer in Dauphe und er hat einen Lehrauftrag für Kirchengeschichte in Mainz.

 

» Bilder oben:

 

Pfarrer Dr. Braun aus Dautphetal referierte im Dillenburger Gemeindehaus am Zwingel über die nassausiche Union der lutherischen und reformierten Kirchen zum Reformationsjubiläum 1817.

 

Erhard Ossner (links), Vorsitzender des Geschichtsvereins, begrüßte gemeinsam mit Pfarrer Dr. Ackva den Referenten Pfarrer Dr. Reiner Braun (Mitte).

Als Kompromiss gedacht: Rund ausgestochenes Weißbrot, das bei Reformierten in Gebrauch war, verklebt mit einer Hostie (Oblate), mit der die Lutheraner das Abendmahl begehen. Dieses Kompromiss-Brot hat sich, nicht zuletzt wegen des Widerspruch des Dillenburger Pfarrers Grimm beim Herzog Wilhelm in Wiesbaden, nicht durchgesetzt. Die Einheit vollzog sich auch ohne dieses besondere Brot.

 

Fotos: Holger Jörn Becker-von Wolff

 

 


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