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23.03.2011

Viel-saitiges Musikerlebnis in der Stadtkirche

Von Jörg Keller Mit Werken von Wolfgang Amadeus Mozart und Felix Mendelssohn Bartholdy gastierten mit dem Kalbhenn-Quartett vier ausgezeichnete Musiker in der Herborner Stadtkirche. Das Konzert fand im Rahmen der kirchenmusikalischen Veranstaltungen der Evangelischen Kirchengemeinde statt...

Gesine Kalbhenn-Rzepka, Primaria und Gründerin des Frankfurter Quartetts, ist in Herborn keine Unbekannte: geboren in Limburg, wuchs sie in der Bärenstadt auf und bereicherte bereits als Schülerin in beeindruckender Weise das Herborner Musikleben.

Bereits die Vorankündigung ließ erwarten, dass es sich um ein besonderes Musikerlebnis handeln würde; die sehr zahlreichen Besucher, die sich in der schönen Herborner Stadtkirche am Sonntagabend eingefunden hatten, konnten dies sicherlich bestätigen.

„Besonders“ war sowohl die Auswahl der Werke - alles stand in einer Beziehung zur großen Kunst Johann Sebastian Bachs - als auch das Spiel nach den Regeln der historisch orientierten Aufführungspraxis: Die Künstler musizierten statt auf Stahl- auf Darmsaiten, was Tiefe und Wärme des Tons und einen äußerst modulations-  fähigen Klang hervorbrachte. Statt der schwereren modernen Bögen benutzten sie Klassik-Bögen, die ein bewegliches, sehr lebendiges Spiel erlauben. Die vier Musiker des Kalbhenn-Quartetts widmen sich der Frage authentischer Werkinterpretation: Gesine Kalbhenn-Rzepka (1. Violine) beschäftigt sich neben ihrer Tätigkeit als Konzertmeisterin der Frankfurter Oper intensiv mit der Barockvioline; auch Mechthild Blaumers (2. Violine) Herz schlägt für das Barockinstrument: sie lehrt Historische Aufführungspraxis an der Musikhochschule Saarbrücken, an der ihr Mann Mario Blaumer, Solocellist im Symphonieorchester des Saarländischen Rundfunks, eine Celloklasse unterrichtet. Ludwig Hampe (Viola) ist Bratscher im Frankfurter Opernorchester; er begeistert sich sowohl für klassische Kammermusik als auch für das Spiel der Barockbratsche und Viola d'amore Zu Beginn des Herborner Konzerts erklang Felix Mendelssohn-Bartholdys Streichquartett Es-Dur op. 12. Bereits nach den ersten Tönen des als Adagio non troppo-Allegro non tardante überschriebenen Einganssatzes wussten die Zuhörer, welch musikalischer Hochgenuss sie erwartete.

Mendelssohn schrieb dieses Streichquartett im Jahre 1829: etwa zur gleichen Zeit brachte er Bachs Matthäus Passion zur Wiederaufführung, mit der er sich bereits seit seinem 14. Lebensjahr intensiv beschäftigt hatte. Dies mag den deutlich barocken Einfluss des Quartettes begründen, neben dem auch Mendelssohns Studium Beethovenscher Werke spürbar ist. Beeindruckend war die Klangintensität des Werkes, die das Quartett in hervorragendem, fein abgestimmtem Zusammenspiel dem Publikum vermittelte. In dem ausdrucksstarken Andante espressivo war etwas von der heimlichen Liebeserklärung des Komponisten an Betty Pistor zu spüren, der er dieses Quartett gewidmet hatte, - ganz offenkundig aber auch die Liebeserklärung der vier Musiker an die Musik Mendelssohns, die sie besonders auch in der anschließenden lebhaft munteren Canzonetta zum Ausdruck brachten. Bereits in diesem großen Werk der Quartett-Literatur überzeugten die Musiker mit ihrem souveränen Spiel, mit dynamischer Beweglichkeit und bewunderswerter Virtuosität. Mozarts Adagio und Fuge in c-Moll setzte das Programm fort. Die etwa 50 Jahre vor Mendelssohns Streichquartett komponierte Fuge im strengen Kontrapunkt war ursprünglich für zwei Klaviere konzipiert; Mozart ergänzte sie später durch den vorangestellten langsamen Satz und schrieb sie - wie man meinen könnte: eigens für das Kalbhenn-Quartett - für Streicher um. Der Zuhörer konnte nicht nur hören, sondern auch am Blickkontakt der Musiker ablesen, wie sie sich das Fugenthema gegenseitig -im wahrsten Sinne- zuspielten und jeweils aufnahmen, ohne dabei den Faden des wunderbaren Zusammenspiels zu verlieren.

Nach einer kleinen Pause stand Mendelssohns Capriccio e-Moll auf dem Programm. Im Fugato brachten die Musiker wieder deutlich Bachschen Einfluss, geradezu Bach´sche Strenge zum Ausdruck und hoben es musikalisch deutlich von dem eher als „Sommernachtstraum“ anmutenden Andante ab. Mozarts Streichquartett B-Dur beschloss das Konzert. Hätte man das im ersten Teil erklungene Adagio mit Fuge als Mozart-untypisch bezeichnen können, so ließen jetzt die Musiker bereits im Allegro in ihren Bewegungen und den teilweise schmunzelnd anmutenden Blicken einen deutlichen „Mozart“ erkennen. Im Larghetto war es faszinierend zu hören, wie die zunächst allein konzertierenden Unterstimmen schließlich die erste Violine musikalisch einluden, in das Spiel einzutreten, um den Mozartschen Reigen auf ihren Instrumenten gemeinsam zu tanzen. Das Menuetto-Trio forderte noch einmal alle Aufmerksamkeit des Publikums, im Wechsel zwischen Generalpausen und Trugschlüssen, klangvollen Akkorden und virtuoser Leichtigkeit. In exzellenter Weise wussten die Musiker dem Publikum den letzten, als Allegro assai überschriebenen Satz zu vermitteln, in dem Mozart kompositorisch von der tänzerischen Leichtigkeit der vorangehenden Sätze in eine fast dramatische Stimmung übergeht.

Am Ende des Konzertes dankten Publikum und Musiker sich gegenseitig: das Publikum mit lang anhaltendem Applaus - die Musiker mit der ebenso spielerischen wie hochvirtuosen Canzonetta aus Mendelssohns Quartett Es-Dur als Zugabe. Der eine oder andere Herborner war sicher stolz, dass die musikalischen Wurzeln Gesine Kalbhenn-Rzepkas in der Bärenstadt liegen. Es bleibt zu hoffen, dass das Kalbhenn-Quartett hier bald wieder zu hören sein wird.


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