Keine leichte Kost
Markus Meinzer war zu Gast beim 11. Neujahres-Empfang der Dekanate und der Diakonie im Schloss Herborn.
Von Helga Peter
Es war der letzte Neujahres-Empfang der Evangelischen Dekanate Dillenburg und Herborn gemeinsam mit dem Diakonischen Werk Dillenburg-Herborn vor dem Zusammenschluss und der neuen Namensgebung: Zum 1. Januar 2016 entsteht aus den beiden Dekanaten das "Evangelische Dekanat an der Dill" und das "Diakonische Werk an der Dill".
Über 80 Gäste erlebten im Herborner Schloss, dem Theologischen Seminar der EKHN, die Enthüllung der neuen Banner für das Dekanat und die Diakonie. Für den musikalischen Rahmen sorgten Dekanats-Popmusiker Benjamin Gail unter Klavierbegleitung von Peter Bongard.
Der Marburger Politikwissenschaftler Markus Meinzer referierte zu dem Thema „Die Korruption ans Licht bringen“. Das Thema führte eine Schattenseite der Globalisierung auf und war keine leichte Kost für die über 80 Gäste aus Kirche, Politik, Wirtschaft und Pädagogik.
Dekan Andreas Friedrich vom Evangelischen Dekanat Herborn begrüßte unter den Gästen Landrat Wolfgang Schuster, Kreistagsvorsitzende Elisabeth Müller, die Bürgermeister Hans Benner (Herborn) und Hans-Werner Bender (Sinn) sowie als Referenten Markus Meinzer, Senior Analyst bei Tax Justice Network. Dieses Netzwerk engagiert sich für mehr Steuergerechtigkeit und Transparenz auf den Finanzmärkten weltweit.
Meinzer führte aus, dass seit dem Jahre 2012 „Steuerflucht“ viel diskutiert werde. Im Kampf gegen Steueroasen inszeniere sich Deutschland gerne als Vorreiter. Unter dem Blickpunkt „Was ist eine Steueroase“ beleuchtete der Referent Finanzströme darunter auch illegale. Sein Ergebnis: „Deutschland rangiert auf Platz acht im Ranking der Steueroasen“, stellte der Analyst in den Raum. Um Investitionen in Unternehmen zu fördern, sei es falsch, dies habe auch schon Bill Gates erkannt, dieselben mit Steuergeschenken zu bedenken. Dies habe eine schädliche Wirkung und erfordere einen Prozess des Umdenkens.
Transparenz vor Allem forderte Markus Meinzer, der Zahlen aus einer bislang unveröffentlichten Datenanalyse der deutschen Finanzministerien vorstellte. In manchen Bundesländern komme eine Betriebsprüfung alle 20 Jahre vor. Schlusslicht ist Bayern, gefolgt von Baden-Württemberg. Hier sei ein Betriebsprüfer für über 800 Betriebe zuständig. Besonders ärgerlich, so Meinzer, ist, dass das Personal in diesem Bereich weiter ausgedünnt werde.
Volkswirtschaftlich gesehen seien Steuern nicht ein Kostenfaktor sondern eine Verteilung. „Wir brauchen mutige Steuerfahnder und Betriebsprüfer“ forderte der Analyst und prangerte gleichzeitig global agierende Unternehmen an, die wie der Versandhandel Amazon zu wenig Steuern zahlen oder wie die Kaffeehaus-Kette Starbucks hierzulande noch nie Steuern entrichtet haben.
In der anschließenden Aussprache, die Dillenburgs Dekan Roland Jaeckle moderierte, machte Kreistagsvorsitzende und Steuerberaterin Elisabeth Müller deutlich, dass ihr dieser Vortrag nicht gefallen habe. Deutschland werde dabei als „reinste Bananenrepublik“ dargestellt. Ihr Berufsstand und auch die Personen, die am „Tisch gegenüber“ sitzen, würden einen guten Job machen. Wo Fehler entstanden seien, habe die Justiz Exempel gezeigt. „Viele Dinge kann ich nicht nach vollziehen. Deutschland in der Spitze der Steueroasen kann ich nicht durchgehen lassen.“
Unternehmer Eberhard Flammer, Präsident der Industrie- und Handelskammer Lahn-Dill, erklärte, dass es in einer Gesellschaft, in der 900 Milliarden Euro Steuern pro Jahr gezahlt würden, es doch einiger maßen anständig zugehen müsse. Dies könne keinesfalls eine Gesellschaft der „Vaterlandslosen“ sein. Die Mehrzahl der Unternehmen würde aus ihrem Eigentum heraus und damit sozialpflichtig investieren. Dass die Wirtschaft sich vergreife am Eigentum Anderer, sei nicht das Bild eines Landes, wo es im Großen und Ganzen gerecht zugehe.
Markus Meinzer stellte klar, dass er nicht die heimischen Unternehmer und auch ausdrücklich nicht die "kleinen" Steuerberater und Steuer-Beamten kritisiere. Ganz im Gegenteil, er sei wie Elisabeth Müller ebenso überzeugt, dass die Mehrheit einen guten Job mache. Er erinnerte an die Flick-Affäre, die nur publik wurde, weil es damals mutige Steuerbeamte gab. Aber den politischen Druck hätten sie auch zu spüren bekommen. „Wir brauchen mutige Steuerfahnder und Betriebsprüfer“ wiederholte der Analyst und prangerte erneut globaltätige Firmen an, die Lücken im Steuerrecht für sich nutzten.
Ein Zuhörer monierte die Praktiken des Länderfinanzausgleiches unter dem Aspekt, dass zum Beispiel in Berlin keine Kindergartenbeiträge gezahlt werden, was zu einem Ärgernis in der Bevölkerung führe. Für den Referenten Meinzer war das ein Neid-Argument. Die Zahlungen wären als Ausgleich vorgesehen und wer Steuern zahle habe keinen Einfluss darauf, wie die Gelder verwendet würden. Und Neid führe eher zum Steuer-Mißbrauch, warnte Meinzer.
Welche Rolle in diesem Zusammenhang die Religion spielen könne, wollte ein Zuhörer wissen. Markus Meinzer antwortete: „Ich bin gläubig und glaube, dass Christsein eine Rolle spielt. Auch die Kirche habe Verantwortung und das Potential zu einer Erneuerung der Gesellschaft und führte in diesem Zusammenhang das Gleichnis über den „Sauerteig im Reich Gottes“ an.
Offiziell enthüllten sowohl Dekan Roland Jaeckle als auch Karl Müßener vom Diakonischen Werk die beiden Banner des neuen „Evangelischen Dekanates an der Dill“ mit dem Logo „Einladend, Evangelisch, Engagiert“ und dasselbe des „Diakonisches Werkes an der Dill“ mit dem Logo „Gemeinsam finden wir einen Weg“.
» Bilder oben:
Referent Markus Meinzer (Marburg/London) bei seinem Impulsreferat: „Die Korruption ans Licht bringen“. Über 80 Gäste nahmen am 11. Neujahres-Empfang der Evangelischen Dekanate Dillenburg und Herborn und des Diakonischen Werkes Dillenburg-Herborn in der Schloßkapelle teil.
Mit ausgewählten Liedvorträgen gestalteten Peter Bongard am Klavier und Dekanatspopmusiker Benjamin Gail den Neujahres-Empfang in der Schloßkapelle.
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