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09.12.2014

Krise verändert Leben

Der Windkraft-Pionier Joachim Fuhrländer war Gast beim zehnten Neujahres-Empfang der Dekanate Dillenburg und Herborn sowie dem Diakonische Werk Dillenburg-Herborn ...

 

Von Ute Jung

 

So viele Gäste wie noch nie zuvor, nämlich über 100 Vertreter von Kirche, Diakonie, Politik und Verwaltung, waren der Einladung gefolgt. Das könne, vermutete Dekan Roland Jaeckle, zum einen an der musikalischen Gestaltung des abends liegen. Diese lag in den Händen von zwei begnadeten heimischen Musikern: Jördis Tielsch und Peter Schneider.

 

Nur mit der Stimme der Sinnerin, ihrem Geigenspiel und der Gitarrenbegleitung von Schneider schufen sie gleich zu Beginn des abends eine besondere, andächtige Atmosphäre. „Halten wir die Zeit doch mal kurz an – für eine Ewigkeit“ hieß eine im Ohr bleibende Textpassage aus dem von der Sängerin selbstgeschriebenen Song „Zeitlos“.

 

Solche ewigen Momente des Innehaltens schaffte das sich hervorragend ergänzende Duo für seine Zuhörer. Der große Zuspruch zum diesjährigen Neujahrs-Empfang lag aber sicher auch an dem Redner, den die Veranstalter gewinnen konnten. Der einstige Vorzeigeunternehmer Joachim Fuhrländer, der 720 Mitarbeitern und 185 Auszubildenden Arbeit gab und vor gut zwei Jahren Insolvenz anmelden musste, sprach zum Thema „Wenn Krisen das ganze Leben verändern“.

 

Pionier in Sachen Windkraft spricht über den Verlust eines Lebenswerks

 

Fuhrländer galt als Pionier in Sachen Windkraft, war darüber hinaus bekannt als christlicher und sozialer Arbeitgeber. Der 55-Jährige sagte, hätten die Großbanken ihm während der Krise eine Chance gegeben und hätte er nicht die falschen Berater gehabt, würde die Firma sicher heute noch existieren. Aber das Versagen und die Schuld liege letztendlich bei ihm, denn er habe die falschen Entscheidungen getroffen und manches zugelassen. Vielleicht hätten Geltungs- und Machtstreben seine Seele verwässert.

 

Wenn einer so offen von seinem Versagen und seinen Fehlern spricht und sich dabei so verletzlich macht, wie der 55-Jährige während seines Referats, dann muss er echte Größe haben und verdient allen Respekt. Es falle ihm nicht leicht, bekannte Fuhrländer gleich zu Beginn seiner Rede, über sein Versagen, seine falschen Entscheidungen und seine Schuld zu sprechen. „Ich hatte doch alles im Griff“, meinte er rückblickend. Noch immer hoffe er morgens beim Aufstehen, dass die Firmeninsolvenz und seine daraus resultierende Krise nur ein böser Traum gewesen sei. „Ich musste den Verlust meines Lebenswerkes verkraften.“ Dabei habe er nicht nur die Firma verloren, sondern den Kontakt zu seinen Mitarbeitern, die wie eine Familie gewesen sei. Hier habe Wertschätzung statt Mobbing geherrscht.

 

Wie es ihm mit seinen Verlustängsten gehe? „Wirre Träume beherrschen die Nacht. Angst breitet sich aus. Ich weiß nicht wovor, vielleicht vor einer ungewissen Zukunft“, machte der Unternehmer eindrücklich klar, um diesen Verlust gleich darauf in eine andere Perspektive zu rücken: „Aber andere Menschen verlieren Menschen, verlieren ihre Gesundheit und würden vielleicht gerne mit mir tauschen.“ Und viel zu viele Menschen auf dieser Welt würden ihre Heimat, ihr Hab und Gut, ihr Netzwerk, ihre Freunde und ihre Familie verlieren. „Ja, ich habe eine Krise, die mir meine Kräfte raubt und mich depressiv macht“, bekannte er.

 

Doch er spüre, dass er auf einen Wendepunkt zugehe: „Die Gedanken an andere Menschen und ihre Verluste lassen meine Krise jeden Tag kleiner werden.“ Als junger Mensch habe er gedacht, das Sitzenbleiben in der Schule etwa oder die Begleitung Sterbender während seines Zivildienstes seien Katastrophen. „Doch das waren nur Herausforderungen“, erklärte er. Mit seinem Unglück umzugehen, habe er nun zwei Jahre lang gelernt, das habe ihn frei gemacht.

 

Furhrländer warf viele Fragen nach dem Warum seiner Krise auf, wie etwa die: „Warum hat es nicht funktioniert, dass wir vorhatten, mit erneuerbaren Energien Gottes Schöpfung zu bewahren?“ Oder: „Warum konnte es nicht mit den Auszubildenden weitergehen, von denen etwa ein Drittel entweder auffällig, lernbehindert oder straffällig war?“ Langzeitarbeitslose und Alkoholiker hätten bei ihm eine Anstellung bekommen und seien förmlich aufgeblüht. „Hatten wir keinen Segen mehr? Oder strebte ich zu sehr nach Macht und Ansehen?“ Solchen Fragen habe er sich stellen müssen, um zu einem Wendepunkt zu kommen.


„Wir sind anscheinend noch nicht reif dafür, zu erkennen, wie schlecht es der Schöpfung geht“

 

Mittlerweile sei seine Fragestellung eine andere: „Warum geht es mir eigentlich so gut? Ich habe ein Haus, Kinder, Enkel und genug Wohlstand, um anderen Menschen auf dieser Welt etwas davon abgeben zu können, ohne dass es weh tut.“ Früher habe er in Selbstverständlichkeiten regelrecht gebadet. Heute sei er dankbar für das, was ihm jeden Tag gegeben werde, könne es wertschätzen und sich auch an den kleinen Dingen des Lebens freuen. „Ich bin froh, zu spüren, dass wieder Kraft in mir entsteht“, sagte Fuhrländer. Ein guter Freund habe ihm gesagt: „Hinfallen tut jeder einmal. Wir müssen lernen, wieder aufzustehen.“ Wenn er irgendwann auf sein Leben zurückblicken werde, möchte er sagen können: „Alles war gut, auch das vermeintlich Schlechte.“

 

Nach dem Referat gab es für die Gäste noch ausreichend Gelegenheit, Fragen zu stellen. Ob es eine Fehlentscheidung gewesen sei, Menschen, die auf dem normalen Arbeitsmarkt nicht vermittelt wurden, eine Chance zu geben, wurde da gefragt. Er habe viel Kritik in dieser Richtung gehört, sagte Fuhrländer. Sozial sein koste zu viel, habe man ihm gesagt. Das Gegenteil sei aber der Fall: „Wenn nicht die Unternehmer, wer sonst soll die Lücken im System schließen?“, fragte er. Wenn Menschen von Unternehmern als gleichwertig angesehen und eingestellt würden, sei der Mehrwert um ein Vielfaches höher. Der eigentliche Fehler habe bei ihm selbst gelegen, er habe zu viel auf fremdes Kapital gebaut.

 

„Was ist Ihre Einschätzung? Wo geht es im Land mit dem Thema Energie hin?“, wurde der Referent gefragt. Politische diesbezügliche Entscheidungen würden viel zu lange auf sich warten lassen. „Wir sind anscheinend noch nicht reif dafür, zu erkennen, wie schlecht es der Schöpfung geht“, antwortete er. Ob es ihm während der Krise geholfen habe, dass er ein überzeugter Christ sei, war eine andere Frage. Er habe nie an Gott gezweifelt und die Insolvenz nicht als Strafe angesehen. „Ich habe aber zwei Jahre lang meinen Gott nicht gespürt“, sagte Fuhrländer. Das sei eine „Scheißsituation“ gewesen, die sich aber langsam bessere.

 

Auf die Frage, was seine Motivation bei der einstigen Firmengründung gewesen sei, antwortete Fuhrländer lächelnd: „Ich habe Schmied gelernt und wohne in Waigandshain. Da kommt niemand hin zu einem langhaarigen Schmied.“ Zudem habe auf dem Westerwald immer ein heftiger Wind geweht und das Waldsterben habe ihn als jungen Mann für das Thema sensibilisiert.

 

Der ehrliche und beeindruckende Vortrag, den der Waigandshainer mit bewusst einfachen Worten hielt, fand eine ideale Ergänzung durch die Musiker, die ihre Melodien mal instrumental, mal mit kostbarem Text versehen, vortrugen und dabei immer wieder für Gänsehautmomente beim Publikum sorgten.

 

 

» Bilder oben:

Er galt als Pionier der Windkraft, hatte Erfolg und viele Freunde. Die Firmenkrise wurde auch zur persönlichen Krise, sagte Joachim Fuhrländer beim 10. Neujahres-Empfang der Dekanate und der Diakonie in Herborn.

 

Unser Bild zeigt ihn zusammen mit dem Herborner Dekan Andreas Friedrich (v.l.), dem Dillenburger Dekan Roland Jaeckle und Karl Müßener, dem Leiter des Diakonischen Werkes Dillenburg-Herborn (rechts im Bild).

 

Für die Musik sorgte ein Duo, das sich musikalisch perfekt ergänzt: Der Haigerer Profimusiker Peter Schneider und die aus Sinn stammende Jördis Tielsch. Die Sängerin und Geigerin, brachte nicht nur selbstgeschriebene Songs zu Gehör, sie interpretierte auch eindrucksvoll Songs anderer Musiker.

 

FOTOS: BECKER-VON WOLFF /  TEXT:  UTE JUNG

 

 


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