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30.08.2013

Toleranz unterm Wilhelmsturm

Eine spannende Diskussion führten Jugendliche mit Vertretern verschiedener Religionsgemeinschaften. Neben kritischen Fragen zum Islam gab es auch andere Statements ...

 

Eine spannende Diskussion zu „Bekenntnis und Toleranz“ führten zweihundert Jugendliche mit Vertretern verschiedener Religionsgemeinschaften auf dem Schlossberg in Dillenburg. Unter dem Wilhelmsturm, der an Wilhelm von Oranien erinnert, diskutierten Schüler aus unterschiedlichen Schulen über die Bedeutung der Toleranz früher und heute.

 

Zu dieser Podiumsdiskussion, die in einem historischen Spiegelzelt direkt neben dem Wilhelmsturm stattfand, hat der Dillenburger Pfarrer Dr. Friedhelm Ackva den ehemaligen Propst Michael Karg, den aus Südindien stammenden katholischen Pater Sahaya Kumar, den Jugendpastor Markus Wäsch von der Brüdergemeinde, Dr. Uwe Seibert als Referent für Mission und Ökumene im Evangelischen Dekanat Dillenburg und Iman Mehmet Ozbek mit seinem Dolmetscher Sahin Yüksel von der muslimischen Ditib-Moscheegemeinde in Dillenburg eingeladen.

 

Erste Überraschung: Wenig zimperlich befragten türkischstämmige Jugendliche die beiden muslimischen Gläubigen zu ihrer Toleranz gegenüber anders Gläubigen. Ein Fazit der Runde zog zum Schluss Propst i.R. Michael Karg: „Die Voraussetzung, Toleranz zu lernen, ist, andere erst einmal kennenzulernen."

 

Das Thema „Bekenntnis und Toleranz“ sei aus mehreren Gründen bewusst gewählt worden, sagte Dr. Friedhelm Ackva zu Beginn, so feiere die Stadt Dillenburg den 50. Jahrestag der Gründung der „Union der Oranierstädte“ (bestehend aus Breda in den Niederlanden, Orange in Frankreich, Diest in Belgien und Dillenburg in Deutschland), die das Zusammenwachsen Europas mit befördert habe. „Ohne Wilhelm von Oranien, der in Dillenburg hoch angesehen ist, wäre diese Union nicht zu¬stande gekommen“, sagte Ackva. In den Religionskonflikten des 16. Jahrhunderts ließe sich bei Wilhelm von Oranien einerseits ein klares Bekenntnis feststellen, andererseits der Wunsch, nach einem toleranten Umgang mit religiösen Überzeugungen in den Territorien. Und auch die Evangelische Kirche in Deutschland will sich auf dem Weg zum Reformationsjubiläum 2017 in diesem Jahr mit dem Thema „Toleranz“ beschäftigen.

 

Wilhelm war kein Glaubenskrieger

 

„Wilhelm war kein Kriegsherr“ stellte Thomas Schmidt klar: „Was Wilhelm von Oranien auszeichnet, ist seine Toleranz und seine Beharrlichkeit“. Der ehemalige Stadtarchivar erinnerte an den gebürtigen Dillenburger Wilhelm von Nassau-Dillenburg, der als Elfjähriger seine Geburtsstadt verlassen musste, um in den Niederlanden im katholischen Glauben erzogen zu werden. Das war eine Bedingung von Kaiser Karl V. Erst später zog Wilhelm sich hierhin ins Exil zurück. Hier in Dillenburg ereilte ihn dann die Anfrage, ob er den Niederlanden im Befreiungskampf gegen die spanischen Besetzer zur Hilfe eilt.

 

„Das hat er dann nach reiflicher Überlegung und in aller Aufopferung getan“, sagte Schmidt, „er war aber deswegen kein Kriegsherr“. Der Archivar ist mit der Geschichte Nassaus sehr vertraut: „Wilhelm von Oranien war ein Diplomat am Hof Heinrichs, seine zurückhaltende und bedächtige Art hat ihm auch den Namen ‚Wilhelm, der Schweiger‘ eingebracht“, sagte Schmidt und ergänzt: Der christliche Glaube spielte zwar eine bedeutende Rolle im Leben Wilhelms. Der einst katholische Christ begegnete 1571 erstmals den neuen Lehren der Reformation und wendet sich 1573 dem Calvinismus zu. Aber: „Es ging ihm um sein Seelenheil und er konnte nicht verstehen, warum andere Glaubensüberzeugungen unterdrückt wurden“, sagte Schmidt.

 

Gemeinsam mit zwei Brüdern zog er deswegen in den Kampf gegen die katholischen Spanier. Am 10. Juli 1584 ist er in Delft erschossen und begraben worden. Der Befreier aus deutschen Landen wird noch heute in den Niederlanden sehr verehrt. Die Nationalhymne mit ihren Strophen erinnert an Wilhelm von Oranien. Die Oranierstadt Dillenburg ist nach wie vor Anziehungspunkt für viele Niederländer.

 

Bekenntnis und Toleranz

 

Wie tolerant sind die Religionen heute? Wie wichtig ist das öffentliche Bekenntnis? Diese Fragen diskutierten im Anschluss die Schüler mit den Podiumsgästen in der zweistündigen Diskussion. Vor allem von den beiden muslimischen Gläubigen wollten viele Jugendlichen wissen, wie der Islam zu anders Gläubigen steht.

 

„Für mich ist der Islam die intoleranteste Religion überhaupt. Wie kann der Koran überhaupt so ausgelegt werden, dass Leute in seinem Namen Anschläge verüben?“, fragte ein Schüler in Richtung Podium. „Je gläubiger ein Muslim ist, desto toleranter sollte er sein“, konterte der Iman Mehmet Özdem, der von seinen Dolmetscher Sahin Yüksel zuvor ausgesuchte Textpassagen vorlesen ließ: „Der Koran lehrt: Es gibt keinen Zwang im Glauben. Es gibt viele Beispiele vom friedlichen Zusammenleben in der Vergangenheit. Das osmanische Reich hat Christen früher Zuflucht gewährt. Es gibt aber Gruppen, zum Beispiel Salafisten, die den Koran nach ihrem Denken auslegen.“ Und der Iman ergänzte: „Es ist im Koran die größte Sünde, einen Menschen unschuldig zu töten.“ Auf die Frage, wieso setzen sich Muslime nicht an einen Tisch, um den Begriff Toleranz neu zu definieren, sagte Sahin Yüksel: „Es gibt Sunniten, Schiiten, Aleviten, Ahmadiya, Salafisten. Alle haben als Konfession ,Islam' im Pass stehen. Es sind aber längst nicht alle diese Muslime gleich.“

 

„Die Auslegung der Heiligen Schriften ist doch der springende Punkt, das ist mit der Bibel nicht anders. Auch hier gibt es Textpassagen, die aufgrund ihrer Vielschichtigkeit mit Vorsicht zu genießen sind“, sagte Moderator und Pfarrer Dr. Friedhelm Ackva. „Wer nicht den geschichtlichen Aspekt genügend berücksichtige, kann intolerant zu anderen werden“. So werde beispielsweise der Gläubige in einem Psalm aufgerufen, sich von Ungläubigen fern zu halten. Das fördere aber nicht den Dialog. Ackva erinnerte an die christliche Kirchengeschichte, in der es infolge der reformatorischen Erkenntnis zu Aufständen und Religionskriegen kam.

 

„Wir sollten Gottes Wort authentisch vermitteln. Nicht als Theorie, sondern mit dem Leben verbinden", sagte Jugendpastor Markus Wäsch, der mit seinen Sonntagabendgottesdiensten zur Winterzeit mehrere tausend Jugendliche pro Sonntag anspricht. „Junge Leute suchen Orientierung. Dafür ist es manchmal besser, schwarzweiß anstatt grau zu malen", sagte Wäsch. Für ihn bedeute Toleranz, das Anderssein der Anderen, die Unterschiede „in Liebe zu ertragen“.

 

Pater Sahaya Kumar antwortete auf die Frage, wie man Intoleranz begegnen sollte: „Jeder muss seinen eigenen Weg finden. Ich war in meiner Heimat in Südindien auf einer muslimischen Schule und musste sonntags Arbeiten schreiben. Aber ich bin trotzdem katholischer Priester geworden."

 

Eine Schülerin merkte an, dass viele Menschen sich zu sehr von Äußerlichkeiten leiten lassen: „Wieso gelten Schülerinnen mit Kopftuch von vornherein als nicht integriert?“, fragte sie und berichtete, sie sei früher öfters deswegen geärgert worden. Ihr Fazit: „Erst wenn man sich kennt, spielt die Religion oder das Kopftuch aber später keine so große Rolle mehr.“ – „Wenn Dich jemand hänselt, weil Du Türkin oder Muslimin bist, geh' einfach. Solche Leute sollte man dumm stehen lassen", sagte Sahin Yüksel von der muslimischen Ditib-Moscheegemeinde in Dillenburg.

 

Auf die Frage, ob zu viel Toleranz der Gesellschaft schade, sagte Michael Karg: „Toleranz bedeutet nicht automatisch mitschwimmen und ständig Kompromisse einzugehen, es ist auch nicht die Vermischung verschiedener Aspekte zu einer grauen Soße“. Vielmehr gehe es um das Aushalten verschiedener Standpunkte: „Toleranz ist für die Gesellschaft lebensnotwendig. Ihre Grundlage ist ein Menschenrecht: Die Würde des Menschen ist unantastbar“, sagte der ehemalige Propst für Nord-Nassau. "Toleranz auf dem Boden der Menschenrechte hört da auf, wo jemand anderen diese aberkennen will."

 

Dem pflichtete Markus Wäsch bei: "Toleranz bedeutet nicht gleichmachen." Und: "Der Apostel Paulus sagt: Wir sollen die Wahrheit verkünden, aber in Liebe", so Wäsch. Dr. Uwe Seibert sagte: „Wir sollten Toleranz einüben, im Sinne eines ständigen Lernens, Toleranz ist letztlich kein Ist-Stand sondern eine Haltung.“ Seibert ergänzte, er verstehe Mission im Sinne von Dialog und Verständigung: „Mission als bloße Mitgliederwerbung und als Gewinn von Territorium – das war früher einmal!“

Zitate:

 

» "Ich kann nicht tolerant sein, wenn andere nicht tolerant sind." (Ein Schüler)

 

» "Ist Demokratie wirklich die beste Regierungsform?" (Ein Schüler) -
"Wissen Sie eine bessere?" (Uwe Seibert)

 

» "Wenn der Papst sagt, er ist gegen Homosexualität, dann greift er damit doch auch in die Menschenrechte ein." (Ein Schüler) - "Papst Franziskus hat in Brasilien eine Rede gehalten und darin gesagt, auch Homosexuelle seien Gottes Kinder. Da bewegt sich etwas." (Pater Kumar)

 

» "Ein klares Bekenntnis ist besser als ein Wischiwaschi."
(Pfarrer Friedhelm Ackva)

 

 

» Das Stichwort: Wilhelm von Nassau-Dillenburg

 

Wilhelm von Nassau-Dillenburg der Schweiger (niederländisch Willem van Oranje, Willem de Zwijger, latein. Taciturnus [der Schweigsame], geboren am 14. April oder 24. April 1533 in Dillenburg; gestorben am 10. Juli 1584 in Delft, Fürst von Oranien, war ein Führer im niederländischen Unabhängigkeitskrieg gegen Spanien, auch bekannt als Achtzigjähriger Krieg (1568–1648).

 

Wilhelm wurde 1533 in Dillenburg, Residenzstadt der Grafschaft Nassau-Dillenburg, als Sohn von Wilhelm von Nassau und Juliana zu Stolberg geboren. Sein Vetter, René von Nassau, Fürst von Oranien, starb am 18. Juli 1544 in einem Feldzug in der Champagne. Noch vor der Schlacht hatte René, da er ohne männlichen Nachkommen war, seinen Cousin Wilhelm von Nassau-Dillenburg als Erben eingesetzt.

 

Mit dem Erbe des Fürstentums von Oranien, fast einem Viertel von Brabant, der Franche-Comté, der Dauphiné und der Grafschaft von Charolais wurde Wilhelm zu einem der bestbegüterten niederländischen Hochadeligen. Um seine Erbschaft antreten zu können, musste Wilhelm von Oranien in den Niederlanden im katholischen Glauben erzogen werden. Das waren die Bedingungen, die Kaiser Karl V. an Wilhelms Vater stellte, den Grafen Wilhelm von Nassau-Dillenburg.

 

Um mögliche anti-katholische Gefühle im Keim zu ersticken, wurde Wilhelm an den kaiserlichen Hof in Brüssel gebracht. Er wurde hier zu einem der engsten Vertrauten Karls V. Empfing der Kaiser ausländische Gesandte, so hatte allein Wilhelm das Privileg, anwesend zu bleiben. Als Karl V. des Regierens müde wurde und vorzeitig abdankte, erhielt Wilhelm die Aufgabe, die kaiserlichen Reichsinsignien nach Frankfurt zu bringen. Wilhelm besaß in Breda eine der schönsten Burgen nördlich der Alpen, und der Nassauer Hof in Brüssel war weit über die Landesgrenzen hinaus berühmt. Im Jahr 1551 heiratete Wilhelm Anna, Tochter von Maximilian von Egmond, († 1558), die ihm drei Kinder gebar.

 

 


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