Rätsel über die Herkunft der Glasfenster am Mittelfeld
Bunte Kirchenbilder erzeugen Atmosphäre. Allerdings kann die Einfachverglasung zu einem Energiefresser werden. Im Evangelischen Gemeindehaus Mittelfeld werden 38 Quadratmeter Glas zu Thermofenstern umgerüstet...
Nach fünfzig Jahren stand hier eine Generalüberholung des Gebäudes an: Das Parkett wurde aufgearbeitet, moderne sanitäre Anlagen installiert. Das Gemeindehaus erhielt einen Innenanstrich und auch neue Thermo-Fenster.
Die einfach verglasten Bunt-Glasfenster werden in der Glasmalerei Klonk und Hartmann aufwendig restauriert und zu einer modernen energiesparenden Verglasung umgearbeitet. Klingt einfach, ist es aber nicht.
Zahn der Zeit hat an den Bleiverglasungen genagt
Um den historischen Bestand den Gegebenheiten moderner Wärmedämmung anzupassen, bringen die Mitarbeiter die Fenster zunächst auf Vordermann. Denn der Zahn der Zeit hat sehr an den Bleiverglasten Fenstern genagt.
Auszubildender Stephan Picavé zeigt auf die schadhaften Stellen, die zuvor mit Kreide markiert wurden. An manchen Stellen lösen sich die mundgeblasenen Echtantikgläser aus ihrer Bleifassung. Hier und dort müssen Glasmalermeister Hartmann und seine Mitarbeiter kaputtes Glas ersetzen, bevor die farbenfrohen Scheiben wieder neu in Blei gefasst werden können. Die Glaswerkstatt verfügt über entsprechende Glassorten.
Die Fenster werden zusätzlich zur Bleifassung mit Messingprofilen gerahmt. Sie sind bis zu 1,15 Meter breit und 2,15 Meter hoch. „Das ist sehr großformatig für eine Bleiverglasung“, sagt Hartmann über die Dillenburger Exemplare und hebt die „enorm leuchtenden Farben“ des zwei bis fünf Millimeter dicken Glases hervor.
Eine Frage bleibt:
War Stoll der Künstler?
Welcher Glaskünstler das Werk geschaffen hat, weiß weder Michael Hartmann noch Pfarrer Karl-Ludwig Gottwald zu sagen. „Die sonst übliche Bildinschrift war nicht zu finden“, berichtet Michael Hartmann und auch in den Unterlagen zum Bau des Gemeindehauses ist leider nichts dazu vermerkt.
Der Dillenburger Alt-Präses Günter Zanger vermutet, es könne sich um einen Entwurf des Dillenburger Künstlers August Hermann Stoll handeln. Aber das ist eine Vermutung. Im Nachlass hat Martin Stoll, der gerade eine Ausstellung in der Villa Grün plant, verschiedene Entwürfe von Glasfenstern gefunden. Sicher ist, dass die Glasfenster im Gemeindehaus Zwingel tatsächlich von ihm stammten, sagt er auf Nachfrage.
Buntglas und Thermoscheibe sorgen für Energie-Einsparung
Die Fenster aus Dillenburg stellt die Werkstatt in Niederwetter bei Marburg vor besondere Herausforderungen: Die rund fünf Jahrzehnte alten Stücke müssen so aufgearbeitet werden, dass sie den aktuellen energetischen Ansprüchen gerecht werden.
Damit die Glasfenster und die neuen Thermofenster zueinander passen, sind filigrane Fensterrahmen ausgesucht worden. „Jedes Glas hat sein eigenes Spezifikum. So erwärmt sich tiefrotes Glas eher als helles durchscheinendes. Daher kann das Buntglas nicht einfach auf den Fensterrahmen geschraubt werden“, erklärt Michael Hartmann. Damit es nicht zu einem Hitzestau kommt, hat sich Hartmann ein spezielles Lüftungssystem ausgedacht. „Die Fenster werden so aufgesetzt, dass zwischen dem Isofenster und dem bunten Glasfenster eine Luftzirkulation möglich ist“, beschreibt der Glasmalermeister den „Kamin-Effekt“.
Mit dem Ergebnis ist er sehr zufrieden. „Die Fenster mit dem Buntglas unterschreiten den energetischen Wert eines Thermofensters. Sie sind mit Buntglas also noch energiesparender“.
110 Meter Messing werden für den Einbau benötigt
Für die Glasmaler-Werkstatt ist die Umsetzung ein besonderer Auftrag, gilt es doch eine insgesamt 38 Quadratmeter große Glasfläche aufzubereiten: Erst fünf der Fenster sind bereits wieder an ihren angestammten Platz im Erdgeschoss zurückgekehrt. Nun folgt demnächst die Fensterfront im Obergeschoss des Evangelischen Gemeindehauses. Sie ist mehr als 12 Meter lang, bestehend aus elf bunten Einzelscheiben. Gottesdienste finden im Mittelfeld zwar wieder statt, aber viele vermissen die Atmosphäre im Raum, die erst durch das Buntglas entsteht.
Etwa 110 Meter Messing werden für den Neueinbau benötigt. Weil das Edelmetall nicht so schnell erhältlich war, kommt es mit dem Einbau der Fenster zu leichten Verzögerungen. Die fertigen Exemplare lagern daher noch in der Glasmalerei-Werkstatt, wo sie sich den Platz in der Werkstatt mit den bleigefassten Fenstern aus dem Kapitelsaal des Klosters Haina teilen. Auch die sind "zur Kur" bei Klonk und Hartmann in der Werkstatt.
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